Wie die 3L-ANPC-Inverter-Topologie den Wirkungsgrad verbessert
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Der Artikel zeigt die Vorteile einer ANPC-Topologie im Vergleich zur 3L-NPC-Architektur. Drei Modulationsstrategien werden mit 3L-NPC verglichen. Zur Anwendung kommen dabei SiC-Kaskoden-FETs.

Große Anlagen für erneuerbare Energien (Photovoltaik/Solarzellen und Windkraftanlagen) erfordern eine höhere Betriebsspannung, um Verlustleistung und Installationskosten zu reduzieren. Für den Wechselrichter ist diese höhere DC-Eingangsspannung, die er in eine AC-Ausgangsspannung zur Verteilung im Stromnetz umwandelt, eine Herausforderung.
Der zweistufige Wechselrichter mit Gleichspannungs-Zwischenkreis (2L-VSI; Two-Level Voltage Source Inverter) ist eine beliebte Topologie in Low-Voltage-Anwendungen. Bei höheren Spannungen wird der Inverter durch komplexere, aber effizientere mehrstufige Topologien ersetzt, beispielsweise durch den dreistufigen Wechselrichter mit Neutralpunktklemmung (3L-NPC; Three-Level Neutral Point Clamped). Das Hinzufügen einer dritten (neutralen) Stufe reduziert Schaltverluste und Belastung der Filter- und Schaltkomponenten, wodurch er sich im Vergleich zum zweistufigen Wechselrichter besser für höhere Betriebsspannungen eignet.
Eine weitere Entwicklung ist die 3L-ANPC-Topologie (Active Neutral Point Clamped), bei der die Klemmdioden (Bild 1a rechts) durch Transistoren (Bild 1b links) ersetzt werden. Die resultierende Schaltung ist nun mit sechs Transistoren pro Zweig komplexer. Viele Entwickler sind sich nicht sicher, welche Topologie sie für ihre Anwendung wählen sollen – insbesondere wenn es um die Kosten geht, da die Transistoren und ihre zugehörigen Gate-Treiber teurer sind als die Dioden, die sie ersetzen.
Nachfolgend werden die Vorteile beschrieben, die sich trotz zusätzlicher Kosten und der Komplexität der ANPC-Topologie im Vergleich zu 3L-NPC ergeben. Die zusätzlichen steuerbaren Schalter bieten nämlich die Möglichkeit, Schaltverluste auf bestimmte Transistoren zu zwingen und den Gesamtwirkungsgrad deutlich zu erhöhen. Drei ANPC-Modulationsstrategien werden vorgestellt und mit 3L-NPC verglichen. Die Komplexität der Steuerung ist eine wichtige Überlegung beim Design, weshalb auch die Implementierung näher erläutert wird.
Modulationsschemata der Wechselrichter im Vergleich
Durch Hinzufügen von zwei weiteren Transistoren erhöht sich die Gesamtzahl der möglichen Schaltzustände von 16 (3L-NPC) auf 64 (3L-ANPC). Während jedoch beide Wechselrichter Zustände wie sicher, gefährlich und destruktiv aufweisen, macht das Hinzufügen von Q5 und Q6 einige der gefährlichen Zustände bei 3L-NPC genauso sicher wie bei 3L-ANPC, wenn einer oder beide dieser Transistoren leitend sind, da sie als Spannungsklemmen wirken.
Um den Betrieb einfacher zu beschreiben, sind die Transistoren in Kommutierungszellen gruppiert. Bezogen auf einen Zweig des in Bild 1a dargestellten 3L-NPC-Wechselrichters befinden sich Q1 und Q3 in einer Zelle und Q2 und Q4 in einer anderen (Tabelle 1).
Während des O-Zustands wird der Ausgang (AC-Anschluss in Bild 1) eines Phasenzweigs auf den Neutralpunkt (Mitte der Zwischenkreiskondensatoren) geklemmt, indem Q2 und Q3 gehalten werden und je nach Stromrichtung entweder D5 oder D6 leitend sind. Der AC-Anschluss ist während des P- bzw. N-Zustands mit der positiven oder negativen Schiene verbunden.
3L-NPC-Wechselrichter werden über zwei PWM-Signale gesteuert, die sich mit PWM-Peripherie eines Mikrocontrollers einfach erzeugen lassen, wobei die Signalumkehrung und die Totzeitverriegelung entweder vom Mikrocontroller oder von einem Gate-Treiber hinzugefügt werden.
Bei der hier als PWM1 bezeichneten 3L-ANPC-Modulation erhöht sich die Anzahl der Zellen auf drei, und es gibt zwei neutrale Zustände (Tabelle 2). PWM1 ähnelt der 3L-NPC-Modulation mit synchroner Gleichrichtung von Q5 und Q6, was den Wirkungsgrad erhöht. Sie unterscheidet sich darin, dass der Strom während der positiven Hälfte des AC-Netzzyklus‘ durch Q2 und Q5 in den O+-Zustand und während der negativen Hälfte durch Q3 und Q6 in den O--Zustand gezwungen wird – unabhängig von der Stromrichtung bzw. vom Leistungsfaktor. Da Zelle 2 immer mit der Netzfrequenz schaltet, konzentrieren sich die Schaltverluste in den Zellen 1 und 3, insbesondere in Q1 und Q4 während des Wechselrichterbetriebs (DC/AC-Wandlung) sowie in Q5 und Q6 während des Gleichrichterbetriebs (Leistungsfluss von AC zu DC). Pro Wechselrichterzweig sind drei PWM-Kanäle in einem Mikrocontroller erforderlich, plus Signalumkehrung und Totzeitverriegelung.
Die ANPC-PWM2-Modulation hat die gleichen drei Kommutierungszellen wie PWM1, jedoch mit unterschiedlichen Schaltzuständen. Der Schaltverlust konzentriert sich dabei nur auf die Zelle 2 – für den Wechselrichter- und Gleichrichtermodus (und alles dazwischen).
Ein wesentlicher Vorteil von PWM2 ist die Möglichkeit, Bauelemente mit geringerer Leistungsfähigkeit und geringeren Kosten für jede Schalterposition zu verwenden – mit Ausnahme von Q2 und Q3, die von den Vorteilen der Siliziumkarbid-Technologie profitieren würden. Dieser Vorteil schwindet angesichts der nächsten ANPC-PWM-Modulation, die hier PWM4 genannt wird. Der Kürze halber wird PWM3 übersprungen. Bei PWM4 gibt es zwei Kommutierungszellen und einen neutralen Zustand, ähnlich wie bei 3L-NPC (Tabelle 4).
Zelle 1 und Zelle 2 wechseln während der negativen bzw. positiven AC-Halbwellen zwischen Netz- und Schaltfrequenz. Der Strom fließt in beide Richtungen durch beide Klemmpfade, wodurch sich die Leitungsverluste in Q2, Q3, Q5 und Q6 verringern. Durch Bauelemente mit gleichen Durchlass- und Rückstromverlusten, z.B. Kaskoden-FETs von UnitedSiC, verringern sich die Verluste in jedem FET während des neutralen Zustands um die Hälfte. Ein weiterer Vorteil dieser Bauelemente besteht darin, dass sie keine Rückwärts- oder Durchlass-Kniespannung aufweisen, was den Wirkungsgrad erhöht. Bild 2 beschreibt das Zustandsdiagramm für diese PWM-Strategie.
Wie bei 3L-NPC lässt sich PWM4 einfach mit zwei Mikrocontroller-PWM-Kanälen umsetzen. Die Übergänge zwischen den Zuständen sind nahtlos, wobei nur zwei Totzeitverriegelungszustände nach Bedarf hinzugefügt werden, um gefährliche Zustände während des Schaltens zu vermeiden. Dies erleichtert Neutralpunkt-Ausgleichsschemata wie redundante Kurzvektoren und die drei nächstgelegenen virtuellen Raumvektoren.
Die Auswahl der richtigen PWM-Strategie
Eine Abschätzung der Verlustleistung auf Basis der Betriebsbedingungen ist für die Auswahl der am besten geeigneten Topologie, PWM-Strategie und Leistungshalbleiter von entscheidender Bedeutung. Indem man einige Annahmen über die Kühlkörpertemperatur trifft und wichtige Informationen über die verwendeten Dioden und FETs kennt (z.B. Schaltverlust im Verhältnis zum Strom; Änderung des RDS(on) gegenüber der Sperrschichttemperatur; Temperaturanstieg mit dem Leistungsverlust), lässt sich dies modellieren. Verschiedene Konfigurationen lassen sich schnell analysieren, um festzustellen, welche weitere Untersuchungen es wert sind und welche ausgelassen werden können.
Betrachten wir einen 3-Phasen-Wechselrichter mit 150 kVA, der bei 25 kHz schaltet, mit einem DC-Eingang von 1160 V und einer AC-Netzspannung von 600 Veff. Bild 3 vergleicht die Verlustleistung für 3L-NPC- und 3L-ANPC-Topologien unter Verwendung aller drei zuvor beschriebenen PWM-Schemata. Bei den verwendeten FETs handelt es sich um den UF3SC120009K4S von UnitedSiC, einen SiC-Kaskoden-FET mit 1200 V und 9 mΩ. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass PWM4 den größten Vorteil bei den Gesamtverlusten bietet – insbesondere bei Leitungsverlusten im Wechselrichterbetrieb (Bild 3a oben).
PWM1 und PWM2 liegen im Gleichrichterbetrieb dicht dahinter. Auch hier unterstützt der höhere Wirkungsgrad von PWM4 gegenüber 3L-NPC das Argument, dass die zusätzlichen Kosten und die Komplexität von ANPC gerechtfertigt sind. Ein weiterer Vorteil von PWM4 besteht darin, dass die PWM-Erzeugung mit der bei 3L-NPC identisch ist, wobei Gate-Signale für Q5 und Q6 von Q3 bzw. Q2 kopiert werden können. Das Aufrüsten eines Designs von 3L-NPC auf 3L-ANPC wird bei der Übernahme dieser Schaltstrategie also einfacher.
Die Kunst, den Wechselrichter zu optimieren
Da einige Schalterpositionen weniger unter Last stehen als andere, ist es sinnvoll, kleinere FETs oder sogar kostengünstigere IGBTs zu verwenden, um Kosten zu sparen. Eine weitere Überlegung, insbesondere bei Solarwechselrichtern, ist das Verhalten des Stromkreises bei hohen Umgebungstemperaturen, wenn der Kühlkörper z.B. 100 °C erreicht. Mit Blick auf die ANPC-Topologie mit PWM4-Modulation wird ein Vergleich mit zwei parallelen UF3SC120009K4S vorgenommen, die wie zuvor für Q1 und Q4 verbaut sind. Q2 und Q3 sind entweder mit zwei parallelen UF3SC120016K4S, einem 1200-V/16mΩ-SiC-Kaskoden-FET oder zwei parallelen, schnellen 1200-V/75-A-IGBTs mit jeweils einer integrierten Diode bestückt.
Ähnlich enthalten Q5 und Q6 zwei parallele UF3C120040K4S, einen 1200 V/35-mΩ-SiC-Kaskoden-FET oder zwei parallele 1200-V/75A-IGBTs wie zuvor. Die Verlustberechnung zeigt einen deutlichen Unterschied beim Wirkungsgrad (Bild 4), insbesondere im Gleichrichterbetrieb (Bild 4b unten). Im Wechselrichterbetrieb (Bild 4a oben) zeigen die IGBTs in Q5 und Q6 ungefähr die gleiche Leistungsfähigkeit wie bei SiC-FETs, während ein Anstieg der Verlustleistung in Q2 und Q3 eine weitere Prüfung der Auswahl von IGBTs für diese Schalterpositionen erforderlich macht.
Die unterschiedliche Leistungsfähigkeit ist erwartungsgemäß auf die geringeren Schaltverluste der SiC-FETs zurückzuführen – interessanterweise sind auch die Leitungsverluste geringer. Ein Teil davon ist auf die eliminierte Kniespannung der IGBTs zurückzuführen, aber auch auf den außergewöhnlich niedrigen RDS(on) der Kaskoden-FETs von UnitedSiC. Dies ist ein entscheidendes Design-Merkmal, das bei der Auswahl der Wechselrichtertopologie und der PWM-Strategie basierend auf den Betriebsbedingungen berücksichtigt werden sollte.
Fazit: Durch die Bewertung der Verlustleistung und des Gesamtwirkungsgrads verschiedener Leistungselektronikbauelemente sind Entwickler besser gerüstet, die richtige Wahl von Topologien, Schaltstrategien und Leistungshalbleitern für Anwendungen mit hoher Leistung und Spannung zu treffen. Der Wechsel von einer 3L-NPC- zu einer 3L-ANPC-Architektur erhöht zwar die Kosten, weil die Dioden durch teurere Transistoren plus einem Gate-Treiber ersetzt werden. Jedoch können die Vorteile die zusätzlichen Kosten und die Komplexität des Designs bei Anwendungen überwiegen, die einen hohen Wirkungsgrad erfordern. Die in diesem Artikel als PWM4 für ANPC-Wechselrichter beschriebene Modulationsstrategie führt zu wesentlich geringeren Gesamtverlusten und ist dennoch in Bezug auf die Ansteuerung dem 3L-NPC sehr ähnlich.
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* Jonathan Dodge ist Senior Applications Engineer bei UnitedSiC.
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