KI-optimiert: 3D-Druck-Mikrokühler für die Leistungselektronik
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Mittels Künstlicher Intelligenz optimiert sind diese Metall-Wasserkühlkörper aus dem 3D-Drucker. Sie haben dadurch eine hohe Kühlleistung und können große Wärmestromdichten bewältigen, um die lange Lebensdauer der Leistungshalbleiter zu sichern.

Die bereits aus der Laser-Technik bekannten 3D-Druck-Metallkühler sind in der Lage, Bauteile mit einer sehr hohen Wärmestromdichte sicher und zuverlässig zu entwärmen. Nicht selten werden dabei Wärmestromdichten von mehreren hundert W/cm2 erreicht, ohne dass sich die Halbleiter selbst unzulässig hoch aufheizen. Was dies für Auswirkungen auf den realen Einsatz solcher Bauteile bedeutet und welche Einsparungen in Gewicht und Volumen möglich sind, zeigt der vorliegende Artikel.
Doch zunächst erst einmal ein paar Basics: Zur Herstellung solcher Kühler wird neben der Anlage selber nichts weiter als ein 3D-Modell des späteren Kühlkörpers benötigt. Nach der Datenaufbereitung erstellt dann diese Anlage mittels eines Lasers und dem entsprechenden Metallpulver die gewünschte Anzahl der Metallbauteile, welche durch das CAD-File vorgeben wurden. Da das Verfahren komplett ohne Werkzeuge auskommt, lassen sich in einem Fertigungsgang viele Gleichteile oder auch eine große Variantenvielfalt herstellen – und dies bei gleichen Kosten, sofern die Bauteile eine ähnliche Größe haben.
Generell ist das Verfahren, so wie wir es weiterentwickelt haben, absolut tauglich sowohl für die Prototypenfertigung als auch für den Einsatz in der Serie. Selbst vor Stückzahlen, wie sie in der Automotive-Branche üblich sind, brauchen wir uns nicht fürchten; auch und gerade im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit.
Der große Vorteil dieses Verfahrens: Strukturen, die im CAD oder einer entsprechenden Simulation optimiert werden, lassen sich direkt auf die Maschine laden und umsetzen. Dies ist gerade dann interessant, wenn die Optimierung durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz erfolgt. Hierdurch sind auch ganz ungewöhnliche Formen möglich. Und genau diese Optimierung mittels Künstlicher Intelligenz, durchgeführt durch die Firma DIABAITX in Leuven, führt dazu, dass sich die Leistungsfähigkeit des Kühlertyps nochmals um 20% steigern lässt.
Die Materialauswahl für maximale Entwärmung
Diese mögliche Leistungssteigerung hat IQ evolution zum Anlass genommen, über eine Änderung des verwendeten Kühlermaterials nachzudenken. Kam bisher reines Nickel zum Einsatz, im Wesentlichen aufgrund seiner Wärmeleitfähigkeit, so konnte man nun über andere Materialien nachdenken, die über eine schlechtere Wärmeleitfähigkeit verfügen, aber von den Anwendern lieber verwendet werden möchten. Die Wahl fiel letztendlich auf Edelstahl (1.4404). Trotz seiner um den Faktor 10 schlechteren Wärmeleitfähigkeit gegenüber Nickel ergaben die ersten eigenen Versuche mit Ersatzwärmequellen im Vergleich zu den bisher gefertigten Kühlern dieser Serie keinen Unterschied in der Kühlleistung. Im Gegenteil, die optimierten Kühler aus 1.4404 sind sogar ein klein wenig besser.
Ein 3D-Druck-Kühler für SiC-Leistungstransistoren
Als Beispiel für die Leistungsfähigkeit der hier gezeigten neuen Generation von Edelstahl-Kühlern soll der IQ-Four dienen, ein Kühler, welcher dafür ausgelegt ist, vier Bauteile gleichzeitig zu entwärmen. Die Messungen hierzu führte das Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe der RWTH-Aachen durch, kurz ISEA. Zum Einsatz kamen SiC-MOSFETs (C3M0016120K) in einem TO247-Gehäuse, die für den Versuch mit 50 A bestromt wurden. Als Isolation gegen den Metallkühlkörper wird eine Hi-Flow-300P-Isolationsfolie verwendet. Der Kühler wurde bei einem Flüssigkeitsdruck von 1,2 bar betrieben, was zu einem Durchsatz an Kühlmedium (normales Wasser) von einem Liter pro Minute führt. Jeweils gemessen haben die ISEA-Experten die an die MOSFETs abgegebene elektrische Leistung, die tatsächlich von den MOSFETs aufgenommene elektrische Leistung und die durch den Kühler abgeführte Wärmemenge.
Gemäß dem beschriebenen Aufbau wurde im Versuch eine elektrische Leistung von 750 W (Ausgang eines Labornetzteils) auf die Anordnung gegeben, wovon 723 W bei den MOSFETs ankamen. Die Messung der Temperatur-Differenz zwischen dem Wassereinlass (32,16 °C) und dem Wasserauslass (41,57 °C) und die entsprechende Rückrechnung führten zu einem tollen Ergebnis: 670 W Verlustleistung konnten von dem Edelstahlkühler ins Wasser abgegeben werden. Umgerechnet auf den einzelnen MOSFET ergibt dies eine abgeführte Verlustleistung von 168 W pro MOSFET. Bei einem Footprint des TO247-Gehäuses von etwas mehr als einem cm2 ergibt dies eine Wärmestromdichte von mehr als 150 W/cm2.
Betätigung des Laborversuchs durch die reale Anwendung
Damit hat der KI-optimierte Edelstahlkühler seine Feuertaufe bestanden und seinen qualifizierten Weg ins Standardsortiment der IQ evolution gefunden. Generell ist Edelstahl nun das Standardmaterial dieser per 3D-Druck hergestellten Mikrokühler. Und sollte eine leistungselektronische Anwendung doch einmal eine noch höhere Kühlleistung benötigen, dann lässt sich jederzeit wieder Nickel im Kühlkörpergrundmaterial verwenden, sodass Entwicklungsingenieure dann von der schon angemerkten Leistungssteigerung von 20% profitieren können.
Nun ist der Laborversuch aber nur die eine Seite der Medaille. Wie sieht es mit der anderen aus, also dem realen Anwendungsfall? Um die Laborergebnisse fundiert zu bestätigen, unterzogen die Entwickler vom Institut für Stromrichtertechnik und elektrische Antriebe der RWTH-Aachen den Metall-Kühlkörper einem Praxistest. Beeindruckt von der enormen Kühlleistung und dem mittlerweile gefassten Vertrauen in die 3D-gedruckten Edelstahlkühler, war das Einsatzgebiet, in dem der neuartige Kühler den realen Anwendungsfall bestehen sollte, schnell gefunden: ein Hochleistungs-DC/DC-Wandler.
Der Praxistest sah vor, dass vier 1000-V-SiC-MOSFETs mit Kelvin-Source durch den gedruckten Kühler wirksam entwärmt werden. Im Gegensatz zu dem Laboraufbau wurde der Kühler nun so auseinander gefaltet, dass sich die vier MOSFETs nicht mehr zwei und zwei gegenüber liegen, sondern alle nebeneinander platziert sind. Die separate Versorgung der Zweierpärchen mit Kühlwasser bleibt auch bei dieser Anordnung erhalten; sie befindet sich im Inneren des Kühlers und ist daher von außen nicht erkennbar.
Mit der geänderten Anordnung der MOSFET-Gehäuse wird ein bestimmter Zweck verfolgt: Die Unterseite des Kühlers bleibt frei und ist auf diese Weise in der Lage, weitere Kühlaufgaben zu übernehmen. So wurde beispielsweise bei der Wicklung der Spulen im Wandler keine Litze verwendet, sondern Kupferband. Dies führt allerdings zu einer weiteren thermischen Belastung des Gesamtsystems. Der Kühler wird mit der Unterseite nahe an den Spulen montiert und zusammen mit den Spulen im Gehäuse vergossen. Dadurch werden die MOSFETs, die Spulen und das Wandler-Innere gekühlt. Sensoren überwachen die für den Wandler notwendige Elektronik sowie die elektrischen Spannungen. Zur Steuerung und Kommunikation ist ein galvanisch getrennter Mikrocontroller integriert.
Eine Leistungsdichte von 100 kW pro Liter
Die konsequente Ausnutzung der Kühlleistung der IQ-Kühler und deren Umsetzung im Design des Wandlers führten zu einem äußerst kompakten Bauteil, das ohne den Einsatz der optimierten Kühler nicht möglich gewesen wäre. Herausgekommen ist ein kompakter bidirektionaler DC/DC-Wandler, der im Spannungsbereich zwischen 400 und 800 V mit einer Frequenz von 450 kHz arbeitet. Dabei kann der DC/DC-Wandler 20,6 kW übertragen. Bei den gegebenen Maßen von 90 mm x 65 mm x 35 mm bedeutet das eine Leistungsdichte von 100 kW pro Liter – ein erstaunlicher Wert.
Trotz der beeindruckenden Ergebnisse und Kühlleistungen sind die beschriebenen Anordnungen, die Kühlung von Leistungselementen, welche sich in Gehäusen befinden, eigentlich eine Art Notlösung. Denn die allermeisten Standardgehäuse sind hinsichtlich Footprint wesentlich größer als die tatsächlich sich im Inneren befindlichen Bauteile, die die Verlustwärme erzeugen und gekühlt werden müssen. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass die bisherigen Kühllösungen in der Regel nicht so effektiv waren wie die 3D-gedruckten Varianten. Daher war es von Vorteil, Heatspreader einzubauen, ebenso wie eine elektrische Isolierung von Leistungselement und Schaltungen gegenüber der Montageplatte. Daher ist es erklärtes Ziel der IQ evolution, gemeinsam mit den Entwicklungspartnern die Leistungselemente aus den Gehäusen zu „befreien“. Kühler mit elektrisch isolierter Oberfläche sind bereits in der Entwicklung, ebenso wie die Möglichkeit, leitfähige Strukturen direkt auf den Kühler aufzubringen.
Wir sind in dieser Entwicklung schon erstaunlich weit und die ersten Messergebnisse sind sehr vielversprechend. Sicherlich lassen sich damit Gewicht und Volumen weiter reduzieren, Kühlleistung weiter steigern und am Ende noch höhere Leistungsdichten erzielen.
Dieser Beitrag ist erschienen in der Fachzeitschrift ELEKTRONIKPRAXIS Ausgabe 8/2020 (Download PDF)
* Dr. Thomas Ebert ist Geschäftsführer der IQ evolution, Aachen.
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