Forschungsprojekt FastCharge: Voller Ladevorgang in 15 Minuten
Anbieter zum Thema
Die Schnellladetechnik scheint fit zu sein für die Zukunft: An der A8 macht eine 450-kW-Station das Laden von E-Fahrzeugen so schnell und komfortabel wie konventionelles Tanken.

Die am Forschungsprojekt FastCharge beteiligten Industrieunternehmen präsentierten die jüngsten Fortschritte auf dem Gebiet der schnellen und komfortablen Energieversorgung von Elektrofahrzeugen: Im bayerischen-schwäbischen Jettingen-Scheppach (zwischen Ulm und Augsburg) steht an der A8 der Prototyp einer Ladestation mit einer Leistung bis 450 kW. Die in diesem Projekt entstandenen Elektro-Forschungsfahrzeuge demonstrieren an dieser Ultra- Schnellladestation Ladezeiten von weniger als drei Minuten für die ersten 100 km Reichweite und fünfzehn Minuten für einen vollen Ladevorgang (bis 80% State of Charge). Der neue Typ einer Ladestation ist für Elektro-Modelle aller Marken mit der in Europa üblichen Typ-2-Variante des weltweit verbreiteten Combined Charging System (CCS) geeignet und kann ab sofort genutzt werden.
Das im Juli 2016 gestartete Forschungsprojekt FastCharge wird von einem Industriekonsortium unter der Führung der BMW Group betrieben, dem die Unternehmen Allego, Phoenix Contact E-Mobility sowie Porsche und Siemens angehören. FastCharge wird mit insgesamt 7,8 Mio. € durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) gefördert. Die Umsetzung der Förderrichtlinien wird von der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) koordiniert.
Mit schnellem und komfortablem Aufladen steigt die Attraktivität von Elektromobilität. Die Steigerung der verfügbaren Ladeleistung auf 450 kW (dem Drei-bis Neunfachen der an bisherigen DC-Schnellladestationen maximal verfügbaren Leistung) ermöglicht eine deutliche Verkürzung der Ladezeiten. Im Rahmen von FastCharge wird untersucht, welche technischen Voraussetzungen an Fahrzeugen und Infrastruktur erfüllt werden müssen, um die extrem hohen Ladeleistungen (900 V und 500 A über eine projektierte Ladezeit von weniger als 15 Minuten) einsetzen zu können.
Die Basis bildet eine leistungsstarke Ladeinfrastruktur. Das im Projekt FastCharge eingesetzte Energieversorgungssystem von Siemens ermöglicht es, die Grenzen der Schnellladefähigkeit von Fahrzeugbatterien zu erproben. Es kann schon heute mit höheren Spannungen bis zu 920 V arbeiten, wie sie bei zukünftigen Elektrofahrzeugen erwartet werden. In das System wurden sowohl die Hochleistungselektronik für die Ladeanschlüsse als auch die Kommunikationsschnittstelle zu den Elektrofahrzeugen integriert. Dieser Lade-Controller sorgt für eine automatische Anpassung der abzugebenden Leistung, sodass verschiedene Elektroautos mit einer einzigen Infrastruktur geladen werden können. Die flexible, modulare Architektur des Systems erlaubt es außerdem, mehrere Fahrzeuge simultan zu laden. Aufgrund des Ladens mit hohen Stromstärken und Spannungen ermöglicht es eine Vielzahl unterschiedlicher Einsatzgebiete, beispielsweise für Flottenladelösungen oder, wie in diesem Fall, das Laden an Autobahnen.
Für den Anschluss an das öffentliche Stromnetz in Jettingen-Scheppach wurde im Projekt ein Ladecontainer mit zwei Ladeanschlüssen realisiert: Ein Anschluss hat eine bisher einmalige Ladeleistung von maximal 450 kW, der zweite Anschluss gibt bis zu 175 kW ab. Beide Ladesäulen können ab laut Konsortium sofort kostenlos mit allen CCS-fähigen Fahrzeugen genutzt werden. CCS steht für Combined Charging System und ist ein internationaler Ladestandard für Elektrofahrzeuge; die Steckervarianten und Ladeverfahren sind in Teil 3 der IEC 62196 (DIN EN 62196) genormt.
Die jetzt vorgestellten Ladesäulen-Prototypen von Allego nutzen die Ladestecker des CCS in der Typ-2-Variante für Europa. Dieser Ladestandard hat sich bereits heute bei einer Vielzahl von elektrifizierten Fahrzeugen bewährt und ist in weiten Teilen der Erde verbreitet.
Um die beim schnellen Aufladen mit besonders hoher Leistung auftretenden Anforderungen zu erfüllen, kommen gekühlte HPC-Ladekabel (High Power Charging) von Phoenix Contact zum Einsatz, welche vollständig CCS-kompatibel sind. Als Kühlflüssigkeit wird ein Wasser-Glykol-Gemisch verwendet (Ladekabel, Stecker und Fahrzeugsteckdose), wodurch der Kühlkreislauf halboffen gestaltet werden kann. Dadurch ist die Wartung im Gegensatz zu hermetisch geschlossenen Systemen die mit Öl arbeiten vergleichbar einfach, z.B. wenn Kühlflüssigkeit nachgefüllt wird.
Eine Herausforderung bestand darin, die in der Ladeleitung befindlichen Kühlschläuche beim Anschließen an die Ladesäule nicht zu quetschen, wie es mit einer herkömmlichen Kabelverschraubung passieren würde, so die Betreiber. In diesem Fall würden der Kühlfluss und damit die Kühlleistung beeinträchtigt werden. Dieses Problem hat Phoenix Contact durch eine spezielle Wanddurchführung mit definierten Schnittstellen für Leistungsübertragung, Kommunikation und Kühlung sowie integrierter Zugentlastung gelöst.
Je nach Fahrzeugmodell ist die neue Ultra-Schnellladestation sowohl für Fahrzeuge mit 400-V- als auch 800-V-Batteriesystemen nutzbar. Ihre Ladeleistung passt sich automatisch der maximal zulässigen Ladeleistung des Fahrzeugs an. Die mögliche Zeitersparnis durch höhere Ladeleistungen lässt sich am Beispiel des BMW-i3-Forschungsfahrzeugs darstellen. Für einen Ladevorgang von 10% bis 80% (State of Charge ) der Hochvoltbatterie mit 57 kWh Netto-Kapazität werden laut BMW-Mitteilung nur 15 Minuten benötigt. Dies sei fahrzeugseitig durch den speziellen Hochvoltspeicher in Kombination mit einer intelligenten Ladestrategie möglich. Dazu zählen u.a. die genaue Vorkonditionierung der Speichertemperatur bei Ladestart, Temperatur-Management während des Ladevorgangs und ein abgestimmtes Profil der Ladeleistung über die Zeit.
Der Ladevorgang erfolgt über ein neuartiges fahrzeugseitiges Mehrspannungsnetz mit Hochvolt-DC/DC-Wandler, indem die geforderte 800-V-Eingangsspannung der Ladesäule auf die niedrigere 400-V-Systemspannung des Forschungsfahrzeugs transformiert wird. Durch den HV-DC/DC-Wandler könne das Fahrzeug auch rückwärtskompatibel an alten und zukünftigen Ladestationen Strom tanken. Das Porsche-Forschungsfahrzeug im FastCharge-Projekt hat eine Netto-Batteriekapazität von etwa 90 kWh und erreicht eine Ladeleistung von über 400 kW, hierbei liegt die Ladezeit unter drei Minuten für die ersten 100 km Reichweite.
Allego ist ein europäischer Betreiber von Ladelösungen für E-Fahrzeuge mit langer Erfahrung im Bereich Elektromobilität, einschließlich der Schaffung eines Netzwerks von Schnellladestationen mit mehreren Standards in Belgien, Frankreich, Deutschland, den Niederlanden, Luxemburg und dem Vereinigten Königreich. Bei der Planung, dem Bau und dem Betrieb von Ladestationen arbeitet Allego mit Partnern aus verschiedenen Branchen zusammen. Allego betreibt über 10.000 Ladepunkte in städtischen Gebieten und entlang der Hauptverkehrswege und unterstützt Unternehmen und Fahrer über eine Cloud-basierte Service-Plattform (www.allego.eu).
:quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1467400/1467466/original.jpg)
Softwaretool vereinfacht die Klemmleisten-Projektierung
Die Phoenix Contact E-Mobility ist innerhalb der Phoenix-Contact-Gruppe das Kompetenzzentrum für Ladetechnik im Bereich der Elektromobilität und liefert Komponenten und Lösungen für Ladeinfrastruktur und Elektrofahrzeuge. Zum Produktportfolio zählen Ladekabel, Ladesteuerungen und Fahrzeug-Inlets für das Gleich-und Wechselstromladen. Die Gruppe entwickelt u.a. Lösungen für eine Ladeinfrastruktur bis zum intelligenten Ladepark-Management (www.phoenixcontact.com/hpc).
Artikelfiles und Artikellinks
(ID:45723330)