Wie sehen die aktuellen Entwicklungen bei Aufsteckkühlkörpern aus?
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Im Zuge der Bauteil-Miniaturisierung korreliert die abzuführende Wärmemenge mit der Oberfläche des Kühlkörpers. Wie sehen moderne kompakte und optimierte Lösungen für die Leiterplatte aus?

Der Trend zu kompakten Leiterplatten-Designs mit wachsender Packungs- und Leistungsdichte ist für jeden Anwender – auch von täglich genutzten Konsumgütern – gut ersichtlich. Dem Wärmemanagement von elektronischen Bauteilen kommt neben intelligenten Schaltungskonzepten und sinnvoller Bauteileauswahl eine essenzielle Bedeutung zu.
Besonders für die Entwärmung von elektronischen Bauteilen, welche auf der Leiterplatte verbaut sind, liefern diverse Kühlkörperlösungen als Strangpressprofil, aber auch als Blechbiegeteil aus Kupfer- und Aluminiumwerkstoffen zuverlässige sowie kostengünstige Ansätze.
Kühlkörperlösungen in den genannten Ausführungen werden aufgrund von Platzbedarfen auf der Leiterkarte nicht gerne gesehen, sind allerdings dessen ungeachtet notwendig und gefordert. Sogenannte Fingerkühlkörper (Bild 1), besser bekannt unter der Bezeichnung Board-Level-Kühlkörper, sind speziell auf die unterschiedlichen Bestückungsarten, wie die klassische Durchsteckmontage (IMT = Insertion-Mount-Technology) oder die Oberflächenmontage (SMT = Surface-Mount-Technology), ausgerichtet bzw. angepasst.
Fingerkühlkörper werden im Stanz-Biegeverfahren aus Aluminium- oder Kupferwerkstoffen hergestellt und bieten auf sehr kleinem Bauraum die Möglichkeit, elektronische Bauelemente auf der Leiterkarte effizient zu entwärmen. Unterschiedliche Varianten und Ausführungen der Fingerkühlkörper sind speziell für die gängigsten Transistorbauformen, wie TO 220, TO 218, TO 247, TO 248 sowie SIP-Multiwatt, verwendbar.
Passende Konzepte zur Bauteil-Entwärmung auf der Leiterkarte sollten bereits in der Konzeptphase des Leiterkartendesigns betrachtet und berücksichtigt, bestenfalls durch Praxistests oder einer numerischen Simulation realistisch dargestellt werden. Hierzu zählt gleichfalls einen geeigneten auf die Applikation angepassten Kühlkörper auszuwählen und diesen auf der Leiterkarte zu platzieren.
Aufsteckkühlkörper mit Befestigungselementen
Die angesprochene Produktgruppe der Board-Level-Kühlkörper beinhaltet neben sehr effizienten Extrusionskühlkörpern für die Leiterkarte ebenfalls die bereits genannten Finger- sowie Klein- und Aufsteckkühlkörper (Bild 2). Der Begriff Fingerkühlkörper leitet sich aus dem Aufbau eines solchen Kühlkörpers ab.
Fingerkühlkörper besitzen als Hauptelement eine Grundplatte, welche gleichzeitig als Halbleitermontagefläche dient. Von dieser stehen einzelne Lamellen oder Fahnen (Finger) ab, wie bei einer geöffneten Hand, die in gerader oder abgewinkelter Form die Geometrie des Fingerkühlkörpers ergeben. Diese äußerst effektive Kühlkörperbauweise, ergibt in Summe ein kompaktes Kühlkörper-Design sowie das bestmögliche Verhältnis von Oberfläche in Bezug auf das Volumen.
Produktionstechnisch werden Fingerkühlkörper mit Hilfe von komplexen Stanz-Biege-Werkzeugen hergestellt, wobei eine fortschrittliche Werkzeugtechnologie in Verbindung mit dem dazugehörigen Maschinenpark schnelle Stanzvorgänge bei gleichzeitig niedrigen Stückkosten ermöglicht.
Aufsteckkühlkörper als Untergruppe der Fingerkühlkörper
Die bereits erwähnten Aufsteckkühlkörper bilden eine Untergruppe der Fingerkühlkörper und bedürfen einer besonderen Erwähnung. Aufsteckkühlkörper finden aufgrund der vielzähligen positiven Eigenschaften vermehrt Zuspruch bei der Entwärmung verbauter Halbleiter auf der Leiterkarte. Neuartig entwickelte, sehr effiziente und universelle Aufsteckkühlkörper für Halbleiter im TO-Gehäuse (Bild 3) bestehen aus einer speziellen Kupferlegierung.
Bei der Entwicklung dieser Produktgruppe wurde besonderer Wert auf die wärmetechnisch optimale Gestaltung des Aufsteckkühlkörpers hinsichtlich Baugröße, Geometrie und Befestigungsart sowohl des Bauteils am Kühlkörper, als auch der Gesamteinheit (Kühlkörper und Bauteil auf der Leiterkarte) gelegt. Das so entwickelte kompakte und durch die thermische Simulation optimierte Kühlkörper-Design besitzt ein geringes Einbauvolumen und gewährleistet dennoch, je nach Bauteil und Leistungsklasse, eine sichere Entwärmung.
Das bereits angesprochene Grundmaterial aus Kupfer weist eine sehr hohe Wärmeleitfähigkeit auf und bewirkt eine sehr gute Wärmeleitung innerhalb des Materials und Wärmeableitung zur Umgebung. Des Weiteren zeichnet sich die Legierung durch eine günstige Kombination aus sehr guter Kaltumformbarkeit bei sehr guten Festigkeitswerten aus. Darüber hinaus ist das Material gut korrosions- und anlaufbeständig sowie sehr gut stanzbar.
Die Vorteile einer bereits integrierten Klemmfeder
Verbesserte Eigenschaften bei Festigkeit und Federeigenschaften sind zusätzlich, je nach Kundenanforderung, durch eine Wärmebehandlung zu erreichen. Als Besonderheit besitzen die neuartigen Aufsteckkühlkörper eine integrierte Klemmhalterung bzw. -feder, mit welcher ein Transistor direkt mit dem Kühlkörper durch einfaches Einschieben unter die Federklammergeometrie verbunden und befestigt wird (Bild 4). Die integrierte Federklammer bewirkt durch ihre konstruktive Gestaltung einen großen Anpressdruck auf das Bauteil, welches zu einem optimalen Wärmeübergang führt, darüber hinaus eine einfache, schnelle und sichere Montage des Bauteils mit festem Halt auf dem Kühlkörper gewährleistet.
Aufgrund der gegebenen Verbindung der Halbleitermontagefläche mit den dazugehörigen Kühlfahnen und der integrierten Federklammergeometrie eignen sich die neuen Aussteckkühlkörper ebenfalls für eine Vorassemblierung mit dem zu entwärmenden Transistor. Sowohl für befestigungsfreies Aufstecken als auch für eine horizontale oder vertikale Leiterplattenmontage sind unterschiedliche Ausführungen verfügbar.
Für eine horizontale oder vertikale Montage der Aussteckkühlkörper auf der Leiterkarte, stehen ebenfalls im Design enthaltende Lötstifte zur Verfügung. Diese besitzen eine spezielle Formgebung, wodurch zum einen die Gesamteinheit Kühlkörper/Bauteil auf der Leiterkarte stabilisiert und aufgrund exakter Auflageflächen wackelfrei montiert wird.
Neben den genannten Eigenschaften bewirken die an den Außenseiten angebrachten Materialabsätze (Bild 3) einen gewissen Abstand zur Leiterkarte, womit besondere Anforderungen bei Luft- und Kriechstrecken für Halbleiter mit geraden oder auch abgewinkelten Anschlusskontakten eingehalten werden.
Damit die Aufsteckkühlkörper auch in verschiedenen Einbaulagen wärmetechnisch optimal funktionieren, sind die seitlichen, auch die oberen abgewinkelten Schenkel (Bild 3), mit einer bestimmten Lochstruktur versehen. Aufsteckkühlkörper funktionieren nach dem Wirkprinzip der freien Konvektion, d.h. aufgrund von Dichteunterschieden (warm/kalt) entsteht ein Konvektionsauftrieb, welcher je nach Einbaulage ungehindert und ohne Bildung von Hotspots durch die Lochstruktur an die Umgebung abgeführt wird.
Beschichtungen des Grundmaterials
Das Grundmaterial Kupfer muss noch beschichtet werden, damit eine Lötbarkeit und Befestigungsmöglichkeit auf der Leiterkarte gegeben ist. Die Aufsteckkühlkörper werden zunächst galvanisch vernickelt. Die abgeschiedenen Schichten können matt oder glänzend sein und dienen im Wesentlichen als Haftschicht sowie zur Verhinderung von Whisker-Wachstum in Zinnschichten. Im Anschluss daran wird eine sehr gut lötbare Zinnschicht auf die Oberfläche aufgebracht.
Die Zinnschicht besitzt eine sehr gute elektrische Leitfähigkeit und Alterungsbeständigkeit. Das Gesamtpaket der lötfähigen Oberflächenbeschichtung entspricht der aktuellen EU-Richtlinie RoHS (Restriction of Hazardous Substances) zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten. Dabei ist trotz der Verwendung von modernen, nicht oder nur wenig aktivierten, feststoffarmen Flussmitteln, eine hervorragende Lötbarkeit sowohl bei einer Wellen- als auch Reflowlötung gegeben ist.
Fazit: Die stetige Anpassung von Halbleitern hinsichtlich Leistungsfähigkeit, besonders der SMT-montierten Bauteile, aber auch dem gesamten Leiterkarten-Design erschwert die Entwärmung dieser Bauteile maßgeblich. Neuere Entwicklungen bei elektronischen Bauteilen erfordern ein intensives Auseinandersetzen mit dem Thema Entwärmung.
Diesen Beitrag lesen Sie auch in der Fachzeitschrift ELEKTRONIKPRAXIS Ausgabe 18/2020 (Download PDF)
Immer häufiger sind bei komplexen Schaltungen neben den digitalen und analogen Schaltungen auch Leistungsteile auf den Leiterkarten vorhanden. Zur gezielten Entwärmung der verschiedenartigen Gehäusebauformen bei unterschiedlichen Leistungsklassen sind immer mehr Kühlkörpervarianten notwendig. Neuartige, effiziente und sichere, die Lebensdauer unterstützende Entwärmungskonzepte auf der Leiterkarte, die einfach, sicher und schnell montiert werden können, sind gefragt und gefordert.
Die vorhandenen Kühlkörperkonzepte sind daher in der letzten Zeit diesen Erfordernissen des Marktes angepasst worden und haben zu einem Innovationsschub besonders bei den Board-Level-Kühlkörpern mit guten und praktikablen Lösungen geführt.
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* Dipl.-Physik-Ing. Jürgen Harpain ist als Entwicklungsleiter bei Fischer Elektronik in Lüdenscheid tätig.
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