Lüfterlose Netzteile: Kühlkonzepte und kleiner Kondensator-Knigge
Zwangsbelüftete Netzteile haben unbestritten Vorteile, sind aber für manchen Einsatz nachteilig. Aktuelle Entwicklungen von konvektions-, kontakt- und wassergekühlten Netzteilen vermeiden dieses Manko.

Vorweggenommen: Übertemperatur ist der Erzfeind einer jeden Elektronik und beschränkt Lebensdauer und Zuverlässigkeit. Das Wärme-Management ist daher Dreh- und Angelpunkt einer Elektronikentwicklung. Das gilt auch für die Stromversorgung. Im ersten Teil des vorliegenden Artikels werden Kühlmaßnahmen erläutert und Vorteile lüfterloser Netzteile beschrieben. Die zweite Artikelhälfte befasst sich mit den temperaturkritischen Stützkondensatoren eines Netzteils und zeigt, wie auch die wohlüberlegte Kondensatortechnologie Einfluss auf die Gerätezuverlässigkeit hat.
Die Bauteilerwärmung in definierten Grenzen halten
Eine in Schaltnetzteilen erzeugte Wärme lässt sich auf verschiedene Arten abführen: Durch natürliche Konvektion, lüftergekühlt oder durch Kontakt- und Wasserkühlung. Jede dieser Methoden hat ihre bevorzugten Einsatzgebieten sowie spezifische Vor- und Nachteile.
Aus Bild 2 und Bild 3 ist ersichtlich, dass die Wasserkühlung eine höhere Wärmeableitfähigkeit besitzt, jedoch höhere Kosten für die Konstruktion des Systemmechanismus erwartet werden. Vergleichen wir die drei genannten Wärmeableitungsmethoden von Netzteilen mit ihren Vor- und Nachteilen mit Blick auf ihre Anwendungen.
Im mittleren bis hohen Leistungsbereich werden gerne zwangsbelüftete Netzteile mit Lüfter zur Stromversorgung verschiedenster Applikationen eingesetzt, etwa in der Anlagensteuerung, der Informations- und Kommunikationstechnik, bei Außenbeleuchtungen und vielen anderen industriellen Anlagen. Lüfternetzteile zeichnen sich durch eine hohe Wärmeleitfähigkeit bei vergleichsweise kleinem Volumen aus. Ihre Kühlleistung lässt sich individuell an die jeweiligen Erfordernisse anpassen. Diese Vorzüge haben allerdings auch ihren Preis.
Der Lüfter benötigt nicht nur Platz und einen Stromanschluss im Netzteil, er sorgt auch für zusätzlichen Stromverbrauch. Als elektromechanisches Bauteil erzeugt er Geräusche sowie Vibrationen und ist anfälliger für Verschleiß als passive Bauelemente. Durch die Zwangsbelüftung wird zudem vermehrt Staub ins Innere des Netzteils gezogen, was zur unerwünschten Wärmeisolation einzelner Bauteile führen und für einen vorzeitigen Ausfall sorgen kann. Sobald leitfähiger Staub in der Umgebung auftritt, ist zwangsläufig auf diese Methode zu verzichten. Netzteile mit Lüfterkühlung bedürfen der regelmäßigen Wartung (Reinigung) und müssen in relativ kurzen Abständen ausgetauscht werden.
Stromversorgungshersteller MEAN WELL ist auf lüfterlose Netzteile spezialisiert und hat mit den Serien UHP und PHP Industrie-Schaltnetzteile ohne Lüfter mit Nennleistungen von 200 bis 3500 W entwickelt. Zur systemgerechten Kühlung besitzt die UHP-Serie zwei Möglichkeiten: Die Netzteile lassen sich auf einer 450 mm x 450 mm x 3 mm großen Metallplatte montieren oder können externe Lüfter zur Wärmeabfuhr verwenden. Mit diesen beiden Kühlmöglichkeiten lassen sich die Netzteile mit ihrer maximalen Nennleistung betreiben. Aufgrund der arteigenen Schaltungstopologie und dem daraus resultierenden hohen Wirkungsgrad ist auch ein Betrieb mit einfacher Luftkonvektion möglich.
Trotz des zu beachtenden Derating liefern die kompakten UHP-Geräte 60 bis 70% der Nennleistung, je nach Netzteiltyp. Dadurch eignet sich die UHP-Serie besonders zum Einsatz in beispielsweise LED-Anzeigetafeln und Kommunikationstechnik/Servern. Eben überall dort, wo es auf störungsfreien Betrieb und hohe Zuverlässigkeit ankommt. Das lüfterlose Design kann auch Probleme mit dem Lüftergeräusch lösen, wodurch sich die UHP-Serie für Umgebungen eignet, in denen absolute Ruhe erforderlich ist, etwa in Haushaltsgeräten oder in Serverschränken innerhalb eines Büros.
Wirksame Wasserkühlung für maximalen Wirkungsgrad
Hochleistungsanwendungen wie Faser-Laser für Schweiß- und Trennarbeiten haben meist schon einen Kühlwasserkreislauf. Hier bietet sich die Energieversorgung mit kompakten wassergekühlten Schaltnetzteilen wie dem MEAN WELLs PHP-3500 an. Mit Wärmeübergangskoeffizienten zwischen 3000 und 7000 W/(m2K) ist dessen Art der Kühlung um das 30 bis 70fache effizienter als bei konventioneller Zwangsbelüftung.
Vergleichende Messungen zeigen, dass mittels Wasserkühlung die Temperatur an leistungskritischen Komponenten wie MOSFETs und Kondensatoren um rund 7 K bis 11 K niedriger gehalten werden kann als dies mit Luftkühlung möglich ist. Nach der in der Industrie angewandten 10-Kelvin-Regel von Arrhenius führt dies zu einer Verdoppelung der Lebensdauer der Elkos und damit zu einer signifikanten Steigerung der Lebensdauer des Netzteils. Denn die Komponenten sind deutlich weniger thermischem Stress ausgesetzt, was wiederum ihrer Zuverlässigkeit und Lebensdauer zugutekommt.
Mit diesen Stärken sind lüfterlose Netzteile gut geeignet für alle Einsatzgebiete in denen es auf eine leistungsstarke und leise Stromversorgung ankommt, die aber auch langfristig viele Jahre störungsfrei funktioniert. Beispielhafte Einsatzbereiche sind Anlagen zur Lebensmittelverarbeitung, die Medizintechnik, Laserbearbeitungsanlagen oder Telekommunikationssysteme mit Mikrowellenantennen.
Lüfterlose Netzteile sind in der Bauart kompakter, geräuschlos und für den wartungsfreien Betrieb geeignet, denn es fehlen verschleißanfällige bewegte Teile wie die Kugellager der Ventilatoren. Doch die Verlustwärme der Elektronik hat grundsätzlichen Einfluss auf die temperaturkritischen Bauteile. Und das sind die Stützkondensatoren des Schaltnetzteils; mit ihrer Qualität steht und fällt der sichere Einsatz einer Energieversorgung. Aluminium-Elektrolyt-Kondensatoren (Alu-Elkos) als Standard-Bauteile haben in Netzteilen ihren Platz. Aber dort, wo es die Rahmenbedingungen fordern, sind Polymer-Elkos die bessere Wahl.
Aluminium-Elko versus Polymer-Feststoff-Kondensator
Ein Polymer-Elektrolyt-Kondensator gehört zu den Elektrolyt-Kondensatoren. Der Unterschied: statt des flüssigen Elektrolyts im Separatorpapier des klassischen Elko wird dort leitfähiges Monomer verwendet, das durch Erhitzung in der Fertigung zum festen Polymer wird. Monomer bedeutet: jedes Molekül des Stoffes besteht einzeln für sich. Polymer dagegen heißt, dass sich mehrere Moleküle durch Temperatureinfluss bei der Herstellung dauerhaft zu größeren Molekülen zusammenschließen. Beide Elko-Typen haben hinsichtlich Spannung und Temperatur unterschiedliches Verhalten und nehmen Einfluss auf Zuverlässigkeit und Lebensdauer einer Schaltung. Um diese zwei Kondensatortypen hinsichtlich ihrer Lebensdauer bewerten zu können, sind genauere Betrachtungen ihrer Eigenschaften notwendig.
Der Aluminium-Elektrolyt-Kondensator ist in Gleichrichterschaltungen wegen seiner sehr großen Kapazitätswerte und des niedrigeren Preises weit verbreitet. Durch Erwärmung wird der Elektrolyt-Verbrauch beschleunigt, was zum Aufquellen des Elektrolyts und sogar zu einer Explosion führen kann. Während der Nutzungsdauer kann das Austrocknen des Elektrolyts die Lebensdauer des Kondensators ebenfalls stark verkürzen und in Folge den Leckstrom und die momentane hohe Temperatur weiter steigern.
Die Betriebstemperatur des Kondensators ist somit ein wesentlicher Faktor, der nicht vernachlässigt werden darf. Infolgedessen ist darauf zu achten, dass die Kondensatoren bei konstanter Temperatur auf einer Platine ohne benachbarte Wärmequellen betrieben werden und bei Bedarf eine externe Kühlung zu erfolgen hat.
Hingegen besteht ein Polymer-Aluminium-Feststoff-Kondensator, der einer der High-End-Kondensatoren neben Tantal-Elektrolyt-Kondensatoren ist, aus hochleitenden Polymer-Elektrolytpulvern. Elektrolytpulver besitzt die Vorteile eines Explosionsschutzes, hat eine hohe Stabilität, große Zuverlässigkeit, enorme Temperaturbeständigkeit und damit eine lange Lebensdauer. Dieser Kondensator aus leitfähigem Polymer-Aluminium spielt eine wesentliche Rolle bei der Gleichrichtung der Stromspitze und des Stromrauschens und verbessert die Stabilität des Stromkreises.
Die zuvor erwähnte Explosion des Kondensators auf einer Hauptplatine wird tatsächlich dadurch verursacht, dass sich der eingangs beschriebene Aluminium-Elektrolyt-Kondensator über den Siedepunkt hinaus erwärmt. Um eine solche Explosion zu vermeiden, kommen auf hochwertigen Motherboards die leitfähigen Polymer-Aluminium-Festkörperkondensatoren zum Einsatz.
Der Elektrolyt-Kondensator hat eine nominelle Lebensdauer von 6000 Stunden bei einer Temperatur von 105 °C; der Polymer-Aluminium-Kondensator ist mit 5000 Stunden bei 105 °C spezifiziert. Damit sind beide Bauteiltypen hinsichtlich Lebensdauererwartung in etwa identisch. Warum also den teuren Polymer-Elko auswählen und nicht den preiswerten Elektrolyt-Kondensator?
Bei Temperaturen oberhalb von 90 °C hat der Polymer-Aluminium-Kondensator kaum einen nennenswerten Lebensdauervorteil zum konventionellen Aluminium-Elektrolyt-Kondensator. Doch diese Gegebenheit beginnt sich deutlich zu ändern, wenn die Betriebstemperatur unter 90 °C fällt. Jetzt besitzt der Polymer-Aluminium-Feststoff-Kondensator eine zunehmend höhere Lebensdauer.
Der richtige Kondensator am richtigen Platz
Berücksichtigt man die höheren Kosten und die Widerstandsfähigkeit gegenüber hohen Spannungen, dann gilt es, die Verwendung des Polymer-Elkos für den jeweiligen Einsatz genau abzuwägen. Soll heißen: der richtige Kondensatortyp muss für den richtigen (jeweiligen) Einsatzort gefunden werden. Diese Entscheidung ist im Design-in zu treffen. Polymer-Aluminium-Feststoff-Kondensatoren kommen deshalb oft nur in definierten Teilbereichen auf der Platine zum Einsatz. Immer dort nämlich, wo sehr kompakte Maße und eine lange Bauteil-Lebensdauer erforderlich sind. Hinzu kommen Aspekte wie Kapazitätswert, Spannungswert, Umgebungstemperatur, Hotspot usw. Allein die Verwendung des Polymer-Elkos garantiert nicht zwangsläufig die lange Lebenserwartung.
Unabhängig nun, ob Aluminium-Elektrolyt- oder Polymer-Aluminium-Feststoff-Kondensatoren zum Einsatz kommen, je geringer die Umgebungstemperatur am Kondensator ist, desto mehr verlängert sich die Lebensdauer. Oft ist es schwierig, diese Temperatur der Umgebung direkt zu beeinflussen, doch lässt sich die unerwünschte Erwärmung (verursacht durch die Verlustleistung) mit einem sehr hohen Systemwirkungsgrad der Stromversorgung verringern. Je höher der Gerätewirkungsgrad ist, umso geringer ist die Systemverlustleitung und damit die Erwärmung.
Diesen Beitrag lesen Sie auch in der Fachzeitschrift ELEKTRONIKPRAXIS Ausgabe 13/2020 (Download PDF)
Wichtig ist es insbesondere, eine Erwärmung der Kondensatoren durch Hotspots zu vermeiden. Mittels freier Konvektion, forcierter Luftkühlung per Ventilator oder durch Kontaktierung mit wärmeaufnehmenden Flächen werden Wärmestaus verhindert und die Temperatur unter dem kritischen Punkt gehalten.
Ein durchdachter Geräteentwurf berücksichtigt die Belastung der Bauteile und deren Erwärmung durch sorgfältige Beachtung im Wärme-Management. Der Entwickler muss geeignete Bauteile einsetzen, die den Anforderungen entsprechen. Moderne Halbleiter in einer zeitgemäßen Schaltungstopologie sind heute deutlich leistungsfähiger als vor Jahren, für einen wesentlich höheren Wirkungsgrad des Netzteils.
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Mein Netzteil hat kaum Strom gebraucht, aber jetzt raucht es
* Uwe Daro ist Produkt-Manager Stromversorgungen bei EMTRON electronic.
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