Wärme-Management Kühlkörper individuell gestalten

Von Jürgen Harpain *

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Der Klassiker Kühlkörper vergrößert die Oberfläche des Leistungshalbleiters und sorgt für den wirksamen Wärmeübergang vom Bauteil an die Umgebung. Mehr denn je gefragt, und auch notwendig, sind individuell modifizierte Ausführungen.

Bild 1: Hochleistungskühlkörper für die freie oder erzwungene Konvektion, liefern effiziente Möglichkeiten, um größere Verlustleistungen in der Leistungselektronik wirkungsvoll abzuführen.
Bild 1: Hochleistungskühlkörper für die freie oder erzwungene Konvektion, liefern effiziente Möglichkeiten, um größere Verlustleistungen in der Leistungselektronik wirkungsvoll abzuführen.
(Bild: Fischer Elektronik)

Thermische Konzepte zur Entwärmung von elektronischen Bauteilen, speziell für leistungsstarke Bauteilausführungen, gewährleisten einen sicheren Betrieb der Bauteile und verhelfen diesen zu einer langen Lebensdauer. Gemäß unterschiedlicher physikalischer Wirkprinzipien gibt es zur Wahrung der im Herstellerdatenblatt angegebenen Betriebsdaten etliche Entwärmungskonzepte. Diese Konzepte individuell durch den Hersteller zu modifizieren, wird mehr denn je angefragt. Aufgrund steigender Packungsdichten und Verlustleistungen heutiger Leistungshalbleiter sind vermehrt in technischen Applikationen komplexe Entwärmungsaufgaben zur Bauteilentwärmung gegeben. Die bei elektronischen Bauteilen zugeführte Energie wird nicht zu hundert Prozent in Leistung umgewandelt. Es entstehen gleichfalls Verluste, welche direkt als sogenannte Verlustwärme dem Bauteil langfristig schadet und dessen Lebensdauer signifikant beeinflusst. Mitunter führt eine unzureichende Temperaturkontrolle der Halbleiter zu Fehlfunktionen in einer Applikation oder schlimmstenfalls zur Zerstörung einer kompletten Funktionsbaugruppe. Ein wirkungsvolles und effizientes thermisches Management ist infolge dessen unabdingbar.

Verschiedenartige Lösungsansätze

Mitunter sind Entwärmungsaufgaben, besonders im Bereich der Leistungselektronik, aufgrund der oftmals hohen Verlustleistungen der Bauteile, recht komplex und nicht immer leicht zu lösen. Klassische Strangkühlkörper, welche für die freie Konvektion gedacht und entwickelt sind, reichen für die Wärmeabfuhr der Leistungshalbleiter nicht aus oder passen nicht aufgrund der Bauteilgrößenverhältnisse. Hingegen sind so genannte Hochleistungskühlkörper (Bild 1) genau an diesem Punkt sinnvoll und effektiv einsetzbar.

Hochleistungskühlkörper, welche je nach Rippengeometrie passiv aber auch aktiv betrieben werden können, sind die leistungsstärksten Ausführungen in der Rubrik Kühlkörper. Der Kühlkörperaufbau besteht aufgrund der Komplexität und der Schwierigkeit bei der Herstellung aus zwei Teilen. Der im Strangpressverfahren hergestellte Kühlkörperboden enthält eine spezielle Einpressgeometrie, in der wahlweise je nach Kundenapplikation, verschiedenartige Voll- oder Hohlrippen eingepresst sind. Des Weiteren fungiert der massive Kühlkörperboden als Halbleitermontagefläche und führt mit einer Materialstärke von 15 bis 20 mm zu einer besseren Wärmeverteilung innerhalb des gesamten Kühlkörpers. Zur Verbesserung des Wärmeübergangswiderstandes bei der Wärmeabstrahlung von den Rippen an die Umgebungsluft, enthalten die Voll- oder Hohlrippen eine Oberflächenkannelierung, wodurch eine Wirkungsgradverbesserung von ca. 10% gegenüber herkömmlichen Glattrippen erzielt wird. Seitens der Anwender werden solche Kühlkörperausführungen gerne für eine effiziente, passive und somit geräuschlose Entwärmung von Leistungshalbleitern genutzt.

Verbesserung durch forcierte Kühlung

Erreichen die Hochleistungskühlkörper ebenfalls ihre Leistungsgrenzen oder können diese aufgrund ihrer doch großen Abmessungen und dem dazugehörigen Gewicht nicht in die Anwendung integriert werden, so sind weitere Leistungssteigerungen mittels dem Element Luft zu erreichen. Lüfteraggregate (Bild 2) funktionieren nach dem Wirkprinzip der erzwungenen Konvektion und bestehen meistens aus einem geschlossenen Basisprofil in dessen inneren sich ein Rippenkanal als Wärmetauschstruktur befindet. Lüfteraggregate mit ihrem speziellen sowie kompakten Aufbau liefern effiziente Lösungsansätze zur Bauteil-Entwärmung. Darüber hinaus sind Lüfteraggregate bereits für viele Applikationen als eine erprobte und kostengünstige Technik anzusehen. Je nach Ausführung sind ein oder mehrere Lüftermotoren dem Aggregat stirnseitig vorgeschaltet, wodurch die erzeugte Luftströmung in gerichteter Form durch den innenliegenden Rippen­kanal geleitet wird.

Bild 2: 
Verschiedenartige Aufbauten an Lüfteraggregaten liefern einen sehr guten thermischen 	Wirkungsgrad in Verbindung mit leistungsstarken Lüftermotoren.
Bild 2: 
Verschiedenartige Aufbauten an Lüfteraggregaten liefern einen sehr guten thermischen Wirkungsgrad in Verbindung mit leistungsstarken Lüftermotoren.
(Bild: Fischer Elektronik)

Der Wärmeeintrag in den Rippenkanal erfolgt über die auf den Montageflächen des Lüfteraggregates montierten Halbleiter in das Basisprofil, welches gleichfalls mit der innenliegende Wärmetauschstruktur verbunden ist. Die Rippenstruktur nimmt die entstehende Verlustwärme auf und leitet diese an die vorbeiströmende Luft ab. Die genannte Rippenstruktur als Wärmetauschfläche ist optimal auf die verwendeten Lüftermotoren und deren Leistungsdaten, wie Luftgeschwindigkeit sowie -volumen, je nach Aggregatausführung individuell angepasst und abgestimmt.

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Strömungsoptimierte Flüssigkeitskühlung

Unterschiedliche flüssigkeitsgekühlte Konzepte zur Bauteil-Entwärmung bieten dem Anwender in punkto abzuführender Verlustwärme eine weitere Option der Leistungssteigerung. Flüssigkeitskühlköper und die damit verbundene Wärmeabfuhr sind gegenüber den zuvor genannten Möglichkeiten hervorzuheben. Allein die Betrachtung der spezifischen Wärmekapazität des Kühlmediums Wasser, welche mit einem Wert von 4,182 kJ/kg K gegenüber der Luft um ein 4-faches größer ist, unterstreicht diese Aussage.

Flüssigkeitskühlkörper sind vom Grundsatz sehr effizient und sowohl physikalisch als auch wärmetechnisch sehr leistungsfähig. Fischer Elektronik hat verschiedenartige Standardausführungen mit einer I- oder U-durchströmten Wärmetauschstruktur für diverse Anwendungen entwickelt. Perfekt auf die Applikation zugeschnittene Sonderlösungen oder mechanisch bearbeitete Standardvarianten sind gleichfalls realisierbar. Die Flüssigkeitskühlkörper und deren Einzelkomponenten werden komplett aus Aluminiummaterial gefertigt. Als Besonderheit besitzen die Komponenten eine interne dreidimensionale und zueinander versetzte Lamellenstruktur als Wärmetauschfläche, wodurch ein homogener Wasserdurchfluss über die gesamte Fläche des Flüssigkeitskühlkörpers gewährleistet wird. Des Weiteren ist die Geometrie der Wärmetauschfläche wärmeleitend mit der Halbleitermontagefläche verbunden und jeweils strömungsop­timiert an den Flüssigkeitskühlkörpertyp angepasst. Wärmetechnisch gesehen ergibt sich hierdurch ein optimaler Wärmeübergang von dem zu kühlenden Bauelement in die durchströmende Flüssigkeit.

Aufgrund der Herstellungsart von Strangkühlkörpern oder auch Hochleistungskühlkörpern, unterliegen diese, neben den presstechnischen Toleranzen, einigen Restriktionen in der Gestaltungsform bzw. -möglichkeit. Das Hauptproblem bei der Gestaltung verschiedener Kühlkörper-Designs mit vergrößerter Oberfläche liegt vielfach im so genannten Rippenverhältnis, welches bei der Produktion erhebliche Schwierigkeiten verursacht. Es gilt die physikalische Grundregel, dass der Wärmeübergang von einem festen Körper zu einem umgebenden Fluid (Luft) umso besser ist, desto größer die wärmeübertragende Oberfläche ausgeprägt wird. Aufgrund dessen wird seitens der Anwender beim Kühlkörper-Design stets versucht eine maximale Rippendichte (Rippenanzahl) zu erzielen, um somit eine möglichst große Wärmetauschfläche zu erreichen. Engmaschige Kühlkörperprofile obliegen allerdings bei der Werkzeugerstellung sowie in der Produktion oftmals etlichen Besonderheiten, sind aufgrund dessen nicht immer stabil und reproduzierbar herzustellen.

Engmaschige Profile durch Skiving-Verfahren

Umsetzbar sind engmaschige Kühlkörperprofile allerdings durch individuell gestaltbare Lamellenkühlkörper (Bild 3), in der Fachsprache auch als Bonded-Fin-Kühlkörper bezeichnet. Diese können auf unterschiedliche Weise hergestellt werden und liefern eine engmaschige Rippenoberfläche bei kleinsten Rippenabständen. Lamellenkühlkörper sind hauptsächlich für den Einsatz bei forcierter Konvektion mit Hilfe von zusätzlichen Lüftermotoren oder Luftströmungen geeignet. Die jeweiligen Bodenplatten der Lamellenkühlkörper bestehen entweder aus einem stranggepressten Profil oder aus einem hochwärmeleitenden Aluminiummaterial, welches zusätzlich mit einer Nutgeometrie versehen wird. In die so entstandene Nutgeometrie der Basisplatten werden im Anschluss Aluminiumbleche, welche als Rippenstruktur fungieren, eingepresst. Zur Vermeidung von Lufteinschlüssen wird neben der Verpressung zusätzlich zum Auffüllen der Nuten und besseren thermischen Verbindung ein spezieller Wärmeleitkleber verwendet.

Bild 3: 
Mit Hilfe von individuell anpassbaren Lamellenkühlkörper lassen sich besonders für die forcierte Entwärmung sehr hohe Rippenverhältnisse generieren.
Bild 3: 
Mit Hilfe von individuell anpassbaren Lamellenkühlkörper lassen sich besonders für die forcierte Entwärmung sehr hohe Rippenverhältnisse generieren.
(Bild: Fischer Elektronik)

Als weitere Möglichkeit der Herstellung und individuellen Anpassung von engmaschigen Kühlkörperprofilen bietet das sogenannte Skiving-Verfahren. Das Wort Skiving leitet sich aus dem englischen ab und bedeutet übersetzt schälen bzw. etwas abzuschälen. Bei dieser speziellen Fertigungstechnik werden die einzelnen Rippen aus einem Aluminium- oder Kupferblock herausgeschält, wodurch extrem feine Rippen in Kombination mit einer sehr hohen Rippendichte eine äußerst große und kompakte Wärmetauschfläche ergeben.

Besonders interessant für preiswerte Kleinserien

Bei Skiving-Kühlkörpern sind die einzelnen Lamellen übergangslos und ohne zusätzliche thermische Übergangswiderstände mit der Kühlkörperbodenplatte verbunden, dadurch gleichfalls sehr effizient. Skived Kühlkörper mit geschälten Lamellen bieten eine hervorragende Alternative zu stranggepressten Kühlkörpern, wenn eine sehr hohe Rippendichte gewünscht wird und diese mit der Strangpresstechnik nicht erreichbar ist.

Bild 4: Skiving-Kühlkörper sind individuell an die Applikation anpassbar und liefern sehr kompakte und effiziente Entwärmungslösungen.
Bild 4: Skiving-Kühlkörper sind individuell an die Applikation anpassbar und liefern sehr kompakte und effiziente Entwärmungslösungen.
(Bild: Fischer Elektronik)

Lamellenkühlkörper dieser Art finden aufgrund ihrer Kompaktheit und Effizienz eine breite Anwendung in der Photovoltaikindustrie, in Fahrzeugen der Elektromobilität, in Produkten dert Kommunikationstechnik sowie zur Entwärmung von Wechselrichtern, thermoelektrischen und ähnlichen Leistungsmodulen. Skiving-Kühlkörper sind ebenfalls an kundenspezifische Anforderungen und Einbaubedingungen in der jeweiligen Applikation individuell anpassbaren und mitunter auch aus wirtschaftlicher Betrachtungsweise sehr interessant. Dieses Skiving-Verfahren ermöglicht aufgrund der geringen Werkzeugkosten die Umsetzung von kostengünstigen Kleinserien. Eine große Design-Flexibilität und ein schnelles Prototyping runden die vielzähligen Pluspunkte ab.

* * Jürgen Harpain ... ist Entwicklungsleiter bei Fischer Elektronik in Lüdenscheid.

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