Leistungshalbleiter Für 830 Millionen US-Dollar: Infineon übernimmt GaN Systems

Von Michael Eckstein Lesedauer: 3 min

Power-IC-Primus Infineon will das kanadische Unternehmen GaN Systems für 830 Millionen US-Dollar übernehmen. Damit will der deutsche Konzern sein Galliumnitrid-Portfolio erweitern – neben Siliziumkarbid eine zukunftsträchtige Technik für Leistungskomponenten.

Die Galliumnitrid-basierten Leistungshalbleiter von GaN Systems kommen in einer Vielzahl unterschiedlicher Anwendungen zum Einsatz. Infineon will mit dem Knowhow des Technologieführers sein Portfolio stärken.
Die Galliumnitrid-basierten Leistungshalbleiter von GaN Systems kommen in einer Vielzahl unterschiedlicher Anwendungen zum Einsatz. Infineon will mit dem Knowhow des Technologieführers sein Portfolio stärken.
(Bild: GaN Systems)

Das Portfolio passt: Infineon setzt neben Siliziumkarbid (SiC) seit geraumer Zeit verstärkt auf Galliumnitrid (GaN) als Basis für hocheffiziente Leistungshalbleiter. GaN gilt als Zukunftsmarkt, in dem sich Infineon stark positioniert. Durch die Übernahme des 2008 gegründeten fabless IP-Entwicklers GaN Systems mit Hauptsitz im kanadischen Ottawa und zusätzlichen F&E-Standorten in den USA, Taiwan und Japan würde Infineon wichtiges Knowhow für die zukunftsträchtige Technik gewinnen und könnte so seine marktbeherrschende Stellung bei Power-Lösungen festigen und ausbauen. Das IP-Portfolio von GaN Systems ist fokussiert auf die Bereiche Packaging, Modul-Interaktion und Prozesstechniken.

Über die letzten Jahre hat das Neubiberger Unternehmen bereits massiv in seine asiatischen Front- und Backend-Fabriken für Leistungshalbleiter investiert, 2022 zum Beispiel über zwei Milliarden in seine Frontend-Fab für SiC- und GaN-Halbleiter in Kulim, Malaysia und eine Backend-Fertigung in Batam, Indonesien. Im Jahr zuvor hat Infineon im österreichischen Villach eine hochmoderne Fabrik für Dünnschicht-Wafer aufgebaut. Angekündigt ist darüber hinaus eine weitere 5-Milliarden-Fab in Dresden.

GaN für mehr Energieeffizienz und weniger CO2

Durch die Übernahme von GaN Systems will Infineon nun seine Kompetenz bei der Entwicklung der modernen Energiewandler-Chips stärken. Beide Unternehmen haben einen Vertrag unterzeichnet: Demnach wird Infineon das kanadische Unternehmen inklusive seiner über 200 Mitarbeiter für 830 Millionen US-Dollar kaufen. Die Bargeldtransaktion will Infineon aus vorhandener Liquidität finanzieren. Die Transaktion steht unter dem Vorbehalt der üblichen Abschlussbedingungen, einschließlich der behördlichen Genehmigungen. Bis zum Jahresende soll die Transaktion abgeschlossen sein. Zusammengenommen hätte Infineon einen Pool von 450 GaN-Experten und mehr als 350 Patentfamilien für den zukunftsträchtigen Power-Technologiebereich.

„Die GaN-Technologie ebnet den Weg für energieeffizientere und CO2-sparende Lösungen, die die Dekarbonisierung unterstützen“, sagt Jochen Hanebeck, CEO von Infineon. Der Einsatz in Anwendungen wie mobilen Ladegeräten, Stromversorgungen für Rechenzentren, Solarwechselrichtern für Privathaushalte und On-Board-Ladegeräten für Elektrofahrzeuge stehe kurz vor dem Durchbruch und führe zu einem dynamischen Marktwachstum. Tatsächlich haben einschlägige Analysten wie Yole ihre Prognosen für das Marktwachstum in den letzten regelmäßig korrigiert – durchweg deutlich nach oben. Mittlerweile soll das kumulierte Umsatzpotenzial über die nächsten fünf Jahre bei über 6 Milliarden US-Dollar liegen.

Übernahme soll Galliumnitrid-Roadmap beschleunigen

Hanebeck ist sicher, dass die geplante Übernahme von GaN Systems die eigene Galliumnitrid-Roadmap deutlich beschleunigen wird. Diese basiere auf „unübertroffenen F&E-Ressourcen, einem umfassenden Applikationsverständnis und einer umfangreichen Kundenprojekt-Pipeline“. Laut Hanebeck sieht Infineons Strategie vor, alle relevanten Power-Technologien – Silizium, Siliziumkarbid oder Galliumnitrid – zu beherrschen. Die Übernahme von GaN Systems werde die Führungsposition von Infineon im Bereich Power Systems weiter stärken. Dabei werden GaN Si-basierte Leistungsbausteine nicht mit einem Schlag ersetzen, sondern das vorhandene Angebot erweitern.

Über das Bündeln komplmentärer Stärken will Jim Witham, CEO von GaN Systems, ein differenziertes Kundenangebot schaffen. „Mit unserer gemeinsamen Expertise werden wir das Potenzial von GaN optimal ausschöpfen“, ist Witham überzeugt. Die Kombination der Produktionsmöglichkeiten von GaN Systems mit den Fertigungskapazitäten von Infineon ermögliche zudem maximales Wachstum, um die zunehmende Verbreitung von GaN in einer Vielzahl von Zielmärkten zu bedienen. „Als integrierter Bauelementehersteller mit einem breiten Technologieangebot können wir mit Infineon unser volles Potenzial ausschöpfen.“

Zukunftsmarkt Galliumnitrid

Galliumnitrid zählt zu den Halbleitern mit breiter Bandlücke. Damit lassen sich Energiewandlerchips herstellen, die gegenüber Siliziumbasierten ICs eine höhere Leistungsdichte haben, einen höheren Wirkungsgrad erzielen und schneller schalten können. Die Kombination ermöglicht den Aufbau kleinerer Leistungskomponenten, die in sehr vielen Anwendungen zum Einsatz kommen können – etwa industrielle Stromversorgungen, Photovoltaik, Transport, Antriebstechnik, Automotive und auch Ladestationen für Elektrofahrzeuge.

Marktanalysten erwarten, dass der Umsatz mit GaN-ICs für Leistungsanwendungen bis 2027 um 56 Prozent CAGR auf ca. 2 Milliarden US-Dollar wird (Quelle: Yole, Compound Semiconductor Market Monitor-Module I Q4 2022). Damit entwickelt sich GaN neben Silizium und Siliziumkarbid zu einem Schlüsselmaterial für Leistungshalbleiter, das mit neuen Topologien wie Hybrid Flyback und Multi-Level-Implementierungen gekoppelt ist. (me)

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