Antriebstechnik: Hochstrom-Leiterplatten für Motorsteuerungen optimieren

Ralph Fiehler, Johann Hackl und Johannes Schauer *

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Drei PCB-Technologien für Hochstrom-Leiterplatten stehen sich in diesem Artikel gegenüber: Dickschicht, Iceberg und HSMtec. PCB-Topologie und PCB-Design haben Einfluss auf Stromtragfähigkeit und Entwärmung der Leistungshalbleiter.

Drei Möglickeiten: Beim HSMtec-Verfahren werden massive Kupferelemente selektiv an Stellen mit hohen Strömen in den Innenlagen und unter den Außenlagen des FR4-Multilayers verlegt. Iceberg und Dickkupfer sind weitere Techniken.
Drei Möglickeiten: Beim HSMtec-Verfahren werden massive Kupferelemente selektiv an Stellen mit hohen Strömen in den Innenlagen und unter den Außenlagen des FR4-Multilayers verlegt. Iceberg und Dickkupfer sind weitere Techniken.
(Bild: KSG Leiterplatten)

Um Lastkreis und Feinleiter für Logiksignale auf einer FR4-Leiterplatte zu kombinieren, gibt es geeignete Technologien. Sie sparen Platz und vermeiden die konventionelle Verbindungstechnik bei getrennten Boards, was die Zuverlässigkeit der Motorsteuerung erhöht. Der Leiterplatten-Entwickler kann entsprechend seiner Aufgabe die Stromtragfähigkeit und Entwärmung der Leistungshalbleiter optimieren.

Aus Sicht der Leiterplatte lassen sich die Vorgaben der Antriebselektronik in fünf Punkten zusammenfassen: 1) hohe Integrationsdichte, 2) Zuverlässigkeit der elektronischen Baugruppe, 3) schnelle Wärmeableitung, 4) hohe Ströme kombiniert mit Steuerelektronik und 5) reduzierte Systemkosten, z.B. durch den Umstieg auf SMD-Bauteile, weniger Komponenten bzw. Montageprozesse.

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Eine smarte Lösung ist es, den Leistungsteil und die Steuerelektronik, also die Lastkreise und die Ansteuerlogik, anstatt auf zwei Leiterplatten auf nur einer Leiterplatte zu kombinieren. Das bedingt jedoch große Leiterquerschnitte und große Isolationsabstände für die Hochstromleiter und zugleich Feinleiterstrukturen für die Ansteuerung auf ein und derselbe Platine. Damit entfallen teure Steckverbindungen, Kabel und Stromschienen sowie Montageschritte und Risiken, die die Zuverlässigkeit einschränken. Hierzu gibt es vom Leiterplattenspezialist KSG drei Technologien: Dickkupfer-, Iceberg- und HSMtec-Technologie. Alle drei Verfahren nutzen das Standard-Basismaterial FR4.

Dickkupfer-PCBs verteilen die Verlustleistungen horizontal

Die Dickkupfertechnik ist seit vielen Jahren auf dem Markt etabliert und wird in großen Stückzahlen gefertigt. Von Dickkupfer spricht die Leiterplattenindustrie in der Regel bei Kupferaufbauten von ≥105 µm. Dickkupferleiter dienen der besseren horizontalen Wärmeverteilung von hohen Verlustleistungen aus Leistungsbauteilen und/oder für den Transport von hohen Strömen und ersetzen Stanz-Biege-Konstruktionen für Stromschienen bei Hochstromanwendungen. Mit bis zu vier Innenlagen mit jeweils 400 µm Kupfer ist eine Stromtragfähigkeit von mehreren hundert Ampere möglich. Im Idealfall befinden sich die Dickkupferleiter in den Innenlagen.

Für die Dickkupfer-Leiterplatte sprechen Flexibilität bei Änderungen im Layout, die kompakte Bauform, einfache Verarbeitung/Montage und vergleichbar geringe Änderungskosten sowie die Standardprozesse der Leiterplattenindustrie. Obwohl sich die Prozessschritte einer Dickkupfer-Leiterplatte vom Standarddurchlauf einer herkömmlichen Leiterplatte im Wesentlichen nicht unterscheiden, erfordert die Fertigung eine besondere Prozesserfahrung und -führung. Eine Dickkupfer-Leiterplatte verweilt 10- bis 15-mal länger in der Ätzlinie und besitzt ein typisches Ätzprofil. Die Ätz- und Bohrprozesse der Dickkupferleiterplatte bestimmen die Design-Regeln für das Leiterbild und sind unbedingt einzuhalten. Eine Liste mit Vorschlägen für einen kosten- und prozessoptimierten Lagenaufbau und Design-Regeln hält der Leiterplattenhersteller bereit.

Wichtig zu wissen: FR4-Laminate mit einer Basiskupferkaschierung ≥105 µm sind bedingt durch den hohen Kupferanteil kostenintensiver. Im Vergleich mit einem 18 µm beidseitig kaschierten Standardlaminat bewegt sich der Materialkostenfaktor bei etwa 1:8 bis 1:10. D.h. der Leiterplatten-Entwickler muss sein Augenmerk auf eine maximale Materialauslastung legen. Frühzeitiges Abstimmen mit dem Leiterplattenhersteller hilft, die Kosten erheblich zu senken. Hinsichtlich Miniaturisierung ist die Dickkupfertechnik begrenzt. Durch die starke Unterätzung lassen sich nur relativ grobe Strukturen erzeugen. Eine weitere Einschränkung: Eine feine Signalverdrahtung ist nicht auf der gleichen Verdrahtungsebene der Dickkupferleiter möglich.

Iceberg: für eine gleichmäßige Oberflächen-Topografie

Anders bei der Iceberg-Technologie, entwickelt und patentiert von KSG. Iceberg-Leiterplatten sind partielle Dickkupfer-Boards. In einer Verdrahtungsebene gibt es Bereiche mit 70 bis 100 µm Kupfer für die Logik und Bereiche mit bis zu 400 µm Kupfer für die Last. Das dicke Kupfer wird weitgehend in der Leiterplatte versenkt. Dadurch entsteht eine einheitliche Oberflächentopografie über das gesamte Leiterbild. Auf den Innenlagen lässt sich das Iceberg-Prinzip zusätzlich mit Dickkupfer kombinieren.

Durch ein Einbetten von zwei Drittel des 400 µm Dickkupferbereiches in das Basismaterial entsteht eine planare Leiterplatten-Oberfläche. Vorteil: In nur einem Gießvorgang lassen sich die Leiterzugflanken prozesssicher mit Lötstopplack abdecken. Der spätere Bestückungsprozess ist in einer Ebene möglich. Iceberg-Strukturen eignen sich auch als Wärmesenke für Leistungsbauteile und sind zur Optimierung des thermischen Managements mit durchkontaktierten Bohrungen (Vias) kombinierbar.

HSMtec: Kupferelemente in den Innen- und Außenlagen

Eine weitere Möglichkeit, Last und Logik auf einer Leiterplatte zu kombinieren, ist HSMtec. Hierbei werden massive Kupferelemente selektiv an jenen Stellen, an welchen hohe Ströme fließen, in den Innenlagen und unter den Außenlagen des FR4-Multilayers verlegt und per Ultraschall stoffschlüssig mit dem Basiskupfer der geätzten Leiterbilder verbunden. Nach dem Verpressen der Lagen befinden sich die Kupferprofile unter den Außenlagen und/oder in den Innenlagen des Multilayers. Die übrige Leiterplatte bleibt davon unberührt.

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Der Multilayer wird im Standard-Herstellungsprozess gefertigt und im üblichen Bestückungs- und Lötprozess weiterverarbeitet. Mit diesem Aufbau lassen sich die elektrischen Vorgaben an die Spannungsfestigkeit und Isolationsklassen von Maschinen genauso bedienen wie anspruchsvolle Temperaturverhältnisse bei eingeschränktem Bauraum in Fahrzeugen.

Die massiven Kupferprofile im Inneren des Multilayers ermöglichen auch dreidimensionale Konstruktionen. Durch Kerbfräsungen senkrecht zu den Kupferprofilen lassen sich Segmente der Leiterplatte bis zu 90° biegen. So wird Bauraum geschickt ausgenutzt und Hochstrom und Wärme über die Biegekante transportiert. Die Konstruktion wird als zweidimensionale Leiterplatte layoutet, im Nutzen gefertigt und bestückt. Nach dem Bestücken bzw. zur Montage der Baugruppe wird die Leiterplatte in die dreidimensionale Form gebogen.

Eine Software unterstützt die Entwickler bei der Dimensionierung von Hochstromleiterbahnen. Mit wenigen Eingaben wie Stromstärke und Temperaturen, liefert der Kalkulator die minimale Leiterbreite sowohl für HSMtec als auch für 70 und 105 µm Kupferkaschierung.

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