Weltrekord: Brennstoffzelle funktioniert 11 Jahre einwandfrei
Mehr als 100.000 Stunden Betriebsdauer notierten die Wissenschaftler am Jülicher Forschungszentrum für ihre neue Variante einer Hochtemperatur-Brennstoffzelle.
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Das Forschungszentrum Jülich hat mehr als elf Jahre lang eine Brennstoffzelle bei einer Temperatur von 700 °C betrieben. Die über 100.000 Stunden Lebensdauer der Hochtemperatur-Brennstoffzelle stellen einen neuen Rekord dar: So lange lieferte noch keine Brennstoffzelle Strom. Der Nachweis einer derart langen Lebensdauer gilt als wichtiger Schritt für die Entwicklung von Hochtemperatur-Brennstoffzellen, die höchste Wirkungsgrade erzielen.
Professor Ludger Blum vom Jülicher Institut für Energie- und Klimaforschung erklärt: „Anfangs hätte kaum jemand gedacht, dass es möglich ist, Hochtemperatur-Brennstoffzellen über so einen langen Zeitraum zu betreiben.“ Aber die Jülicher Wissenschaftler haben mit ihrer entwickelten Variante des Brennstoffzellentyps das Gegenteil erfahren.
Wirtschaftlich nach fünf bis zehn Betriebsjahren
Keramische Hochtemperatur-Brennstoffzellen erreichen die höchsten Wirkungsgrade und gelten als besonders wartungsarm. Die hohe Betriebstemperatur stellt aber auch große Anforderungen an die verbauten Materialien. Mögliche Anwendungsgebiete sind die dezentrale Strom- und Wärmeversorgung im Haushalt, in größeren Wohngebieten oder in der Industrie sowie Systeme für Züge oder Schiffe. 5 bis 10 Jahre oder umgerechnet 40.000 bis 80.000 Stunden müssen Hochtemperatur-Brennstoffzellen dabei laufen, damit der Einsatz wirtschaftlich werden kann.
Die Jülicher „Solid Oxide Fuel Cell“ (SOFC), was übersetzt Festoxid-Brennstoffzelle heißt, hielt sogar noch deutlich länger durch. Mit dem Langzeitexperiment wiesen die Forscher weltweit erstmalig eine Lebensdauer von 100.000 Stunden nach. Seit dem Start des Versuchs am 6. August 2007 lieferte der aus zwei Zellen bestehende Zellstapel über 93.000 Stunden kontinuierlich Strom, insgesamt ca. 4.600 kWh. Zum Vergleich: Das entspricht in etwa der Strommenge, die ein Einfamilienhaushalt in einem Jahr verbraucht.
Wie hat sich die jahrelange Belastung auf die Zelle ausgewirkt? Mit dem Abschalten der SOFC kommen nun neue Aufgaben auf die Forscher zu. Äußerlich haben sich die metallischen Bauteile im Laufe der Jahre erkennbar verändert. Die metallisch-silbrig glänzende Oberfläche der getesteten Brennstoffzelle ist deutlich dunkler geworden, fast schwarz. Doch abgesehen von dieser unvermeidlichen oberflächlichen Oxidation sind von außen keine negativen Veränderungen festzustellen.
„Wir sind schon ganz gespannt, wie es im Innern aussieht“, sagt Dr. Norbert Menzler vom Institut für Energie- und Klimaforschung, zuständig für die Entwicklung der keramischen Zellen. „In welchem Zustand sich die Zelle befindet, ist im laufenden Betrieb kaum ersichtlich. Bislang hat weltweit noch niemand eine Zelle nach 100.000 Betriebsstunden bei so hohen Temperaturen untersuchen können.“
Mit unterschiedlichen Methoden werden die Forscher in den kommenden Wochen und Monaten nun genau analysieren, wie sich die jahrelange extreme thermische Belastung auf die keramischen Komponenten, Glaslot-Dichtungen und metallische Verbindungsstücke, die sogenannten Interkonnektoren, ausgewirkt hat. Die dann gesammelten Erkenntnisse fließen in die Entwicklung neuer Materialien und Design-Ansätze ein, um die Alterungsbeständigkeit noch weiter zu verbessern. Aktuell testen die Wissenschaftler um Professor Ludger Blum eine reversibel betreibbare Version der Festoxid-Brennstoffzelle. Diese liefert nicht nur Strom, sondern kann in einem umgekehrten Betriebsmodus auch Wasserstoff und Sauerstoff durch Wasserelektrolyse erzeugen. Auch diese Weiterentwicklung hat schon erste sehr gute Ergebnisse erzielt. Sie ist die erste Hochtemperatur-Brennstoffzelle, die im Wasserstoffbetrieb mit 62% einen Wirkungsgrad von über 60% erreicht.
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