Trockenelektrode statt Nass-Prozess: Günstigere, umweltschonende Batterieproduktion

Redakteur: Gerd Kucera |

Um Batterien künftig preisgünstiger und umweltschonender herstellen zu können, haben Forscherinnen und Forscher am Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS in Dresden ein neues Produktionsverfahren entwickelt.

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So sehen die mit der neuen Trockenfilmtechnologie beschichteten Elektroden aus. Mit dem Verfahren des Fraunhofer IWS lassen sich Batterieelektroden ohne den Einsatz von giftigen Lösungsmitteln bereits im Pilotmaßstab herstellen.
So sehen die mit der neuen Trockenfilmtechnologie beschichteten Elektroden aus. Mit dem Verfahren des Fraunhofer IWS lassen sich Batterieelektroden ohne den Einsatz von giftigen Lösungsmitteln bereits im Pilotmaßstab herstellen.
(Bild: Fraunhofer IWS Dresden)

Einmal mehr meldet das Fraunhofer-Institut Erfolge in ihrer Batterie-Entwicklung: In einem neuen Produktionsverfahren beschichten die Fraunhofer die Elektroden der Energiespeicherzellen mit einem trockenen Film statt mit flüssigen Chemikalien. Das spart Energiekosten und macht giftige Lösungsmittel in diesem Prozessschritt überflüssig. Ein finnisches Unternehmen erprobt die neue Fraunhofer-Technologie bereits erfolgreich in der Praxis. Bessere und kostengünstigere Produktionsmethoden für Energiespeicher sind in Deutschland zunehmend gefragt, denn bisher kaufen die Unternehmen die Zellen dafür in Asien ein. Das hat vor allem zwei Gründe: Asiatische Technologiekonzerne verfügen über jahrzehntelange Erfahrungen in der Massenproduktion von Batteriezellen. Zur Herstellung wird viel Energie verbraucht, wodurch die Fertigung an Standorten mit hohen Strompreisen wie Deutschland kostenintensiv macht.

Eben dies wollen die sächsischen Fraunhofer-Ingenieurinnen und Ingenieure ändern. „Unser Transferverfahren zur Trockenbeschichtung zielt darauf ab, die Prozesskosten in der Elektrodenbeschichtung spürbar zu reduzieren“, betont Dr. Benjamin Schumm, Projektleiter am Fraunhofer IWS, „Batteriehersteller können dadurch auf giftige und teure Lösungsmittel verzichten und Energiekosten bei der Trocknung sparen. Außerdem lassen sich mit unserer Technologie auch Elektrodenmaterialien verwenden, die nasschemisch kaum oder gar nicht verarbeitbar sind.“ Eben diese Werkstoffe werden aber für künftige Batterien mit höherer Energiedichte benötigt.

Pilotanlage erfolgreich in Finnland gestartet

Das finnische Batterieunternehmen BroadBit Batteries hat in seiner Fabrik in Espoo gemeinsam mit dem Fraunhofer IWS eine Pilotanlage in Betrieb genommen, die Elektroden im Trockenfilmverfahren beschichtet statt mit feuchten Pasten. Die Finnen stellen damit neuartige Natrium-Ionen-Batterien her. Im Labormaßstab kann das Fraunhofer IWS Elektrodenfolien kontinuierlich mit mehreren Metern pro Minute beschichten und somit das Potenzial für die Aufskalierung in den Produktionsmaßstab demonstrieren.

Bisher beschichten Zellproduzenten mischen die Aktivmaterialien, die später die gespeicherte Energie freisetzen, mit speziellen Zusatzstoffen zu einer Paste. Dabei setzen sie organische Lösungsmittel zu, die teuer und meist giftig sind. Um die Fabrikarbeiter und die Umwelt zu schützen, sind hier aufwändige Vorkehrungen für Arbeitsschutz und Wiederaufbereitung notwendig. Ist die Paste auf dünne Metallfolien aufgestrichen, beginnt ein weiterer teurer Prozessschritt: Dutzende Meter lange Heizstrecken trocknen die beschichteten Folien, bevor sie weiterverarbeitet werden können. Das Trocknen verursacht in aller Regel hohe Stromkosten.

Bindemoleküle formen ein Spinnennetz

Das neue Transferverfahren zur Trockenbeschichtung kommt dagegen ohne diese ökologisch bedenklichen Prozessschritte aus. Die Forschenden mischen ihr Aktivmaterial mit bindenden Polymeren. Dieses Trockengemisch verarbeiten sie in einer Walzanlage (Kalander). Die Scherkräfte in diesem Rollensystem reißen aus den Binderpolymeren ganze Molekülketten heraus. Solche Fibrillen verbinden sich mit den Elektrodenpartikeln wie in einem Spinnennetz. Dies verleiht den Elektrodenmaterialien Stabilität. Dabei entsteht ein flexibler Elektrodenfilm. Diese rund 100 µm dicke Elektrodenschicht laminiert der Kalander direkt im nächsten Prozessschritt auf eine Aluminiumfolie – so entsteht die Batterieelektrode.

Auf dem Weg zur feuerfesten Festkörperbatterie

Auf diese Weise ließen sich auch Materialien für neue Batteriegenerationen verarbeiten, bei denen die konventionellen Verfahren versagen. Dazu zählen Energiespeicher, die Schwefel als Aktivmaterial nutzen oder Festkörperbatterien, die statt brennbaren Flüssigelektrolyten ionenleitende Feststoffe einsetzen. Diese Batterien sollen mehr Energie im gleichen Volumen speichern können als heutige Lithium-Ionen-Batterien. Doch können die Festelektrolyte im Kontakt mit Lösungsmitteln ihre Funktion verlieren, sodass ein lösemittelfreies Beschichtungsverfahren deutlich besser geeignet ist. Einen Meilenstein zur Herstellung von Festkörperbatterien haben die Dresdner Forscher bereits erreicht: Sie machten es möglich, Elektroden mittels Trockenfilmverfahren mit extrem niedrigen Bindergehalten herzustellen.

Verfahren könnte klassische Pastenprozesse verdrängen

Die Dresdner Ingenieure wollen ihre Technologie nun gemeinsam mit Industriepartnern verfeinern, um ihr zum Durchbruch zu verhelfen. In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt (DryProTex) entwickeln sie das trockene Transferverfahren zur Elektrodenbeschichtung zusammen mit den Firmen Saueressig, INDEV, Netzsch Trockenmahltechnik und BroadBit Batteries weiter. Die Partner rechnen mit einem grundlegenden Wandel in der Batterieproduktion.

Das Fraunhofer IWS informiert dazu am 18. und 19. November 2019 detailliert in den Veranstaltungen „Carbon Electrode Materials“ und „Lithium-Metal-Anodes: Processing and Integration in Next-Generation Batteries“ in Dresden.

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