Geringere Verluste Siliziumkarbid macht Haushaltsgeräte effizienter
Durch die aktuellen EU-Energielabel wird Energieeffizienz insbesondere bei Haushaltsgeräten noch mehr zum Kaufkriterium. Integrierte Leistungsbauelemente auf Basis energieeffizienter Halbleitertechnologie wie Siliziumkarbid (SiC) helfen Herstellern, die höchste Energielabel-Klasse zu erreichen.

Mit ihren zunehmenden und verschärften Vorschriften bezüglich energieeffizienter Produkte verfolgt die EU das Ziel, erhebliche Mengen an Energie einzusparen [1]. Der Einsatz neuer Technologien wie SiC-MOSFETs ebnet den Weg für das Design innovativerer Lösungen [2], denn mit ihrer Hilfe können Hersteller die höchste Stufe der Energielabel-Skala für ihre Produkte erreichen.
Als Beispiel dient hier das integrierte Leistungsbauelement (Integrated Power Device, IPD) „IM105-M6Q1B“ von Infineon, welches die „CoolSiC“-Technologie des Herstellers und einen integrierten Treiberschaltkreis für hohe Spannungen in einem nur 7 x 7 mm² kleinen QFN-Gehäuse (Quad Flat No Leads) vereint. Die Verwendung dieses IPDs ermöglicht das Design von Antrieben mit hoher Leistungsdichte sowie eine Steigerung der Ausgangsleistung bei Systemen ohne Kühlkörper.
Bild 1 zeigt ein Evaluation-Board, das entworfen wurde, um die Fähigkeiten des „IM105-M6Q1B“ unter den typischen Lastbedingungen von Kühlkompressoren zu testen. Das Blockdiagramm des Bausteins ist ebenfalls in Bild 1 dargestellt und zeigt eine SiC-MOSFET-Halbbrücke mit einem typischen Durchlasswiderstand RDS(on) von 257 mΩ bei Vgs = 18 V und Tj = +25 °C und einen Gate-Treiber, der auf SOI-Technologie (Silicon-on-Insulator) basiert.
Vergleich der Ausgangscharakteristik
Wir betrachten zunächst die typischen Ausgangskennlinien des „IM105-M6Q1B“, jeweils für 15 V und 18 V Gate-Vorspannung. Zum Vergleich dienen die Produkte „IKD04N60RC2“ und „IPD60R280PFD7S“, die häufig in ähnlichen Anwendungen eingesetzt werden.
Anhand der Ausgangskennlinien in Bild 2 oben ist erkennbar, dass der Spannungsabfall des „IM105-M6Q1B“ beim Betrieb im ersten Quadranten mit bis zu 4 A deutlich geringer ist als beim „IKD04N60RC2“. Außerdem beträgt die Temperaturabhängigkeit des RDS(on) typischerweise nur 0,11 mΩ/°C bei Vgs = 15 V und etwas mehr bei Vgs = 18 V, nämlich 0,2 mΩ/°C. Das unterstreicht die geringe Temperaturabhängigkeit der "CoolSiC"-Technologie.
Andererseits ist der Spannungsabfall im dritten Quadranten während der Durchlasszeit der Diode beim „IM105-M6Q1B“ höher als beim „IKD04N60RC2“. Da die Diode jedoch nur während des Totzeitintervalls leitet – in der Anwendung dauert dieses Totzeitintervall zwischen 0,5 µs und 1 µs –, ist der Beitrag zu den Gesamtverlusten von geringer Bedeutung. Wenn der Kanal des SiC-MOSFET im dritten Quadranten leitet, ist der Spannungsabfall geringfügig niedriger als im ersten Quadranten.
Das zweite Vergleichsdiagramm in Bild 2 unten zeigt beim Betrieb im ersten Quadranten bei Tj = +25 °C für den „IM105-M6Q1B“ einen höheren Spannungsabfall als beim „IPD60R280PFD7S“, dessen typischer RDS(on) 233 mΩ bei Vgs = 10 V, Tj = +25 °C beträgt. Zu beachten ist auch, dass bei diesem Bauteiltyp die Erhöhung der Gate-Spannung keine zusätzliche Reduzierung des Spannungsabfalls bewirkt, wie aus dem Datenblatt ersichtlich ist.
Allerdings ist die Temperaturabhängigkeit des Spannungsabfalls beim „IPD60R280PFD7S“ deutlich höher als beim „IM105-M6Q1B“. Die typische RDS(on)-Temperaturabhängigkeit des „IPD60R280PFD7S“ beträgt etwa 2,53 mΩ/°C, sodass bei höheren Sperrschichttemperaturen höhere Leitendverluste als beim „IM105-M6Q1B“ zu erwarten sind – wie die Vergleichskurven für +150 °C in Bild 2 rechts belegen. Ebenso weist der „IPD60R280PFD7S“ einen geringeren Spannungsabfall in Vorwärtsrichtung der Diode auf als der „IM105-M6Q1B“.
Schließlich sind in Bild 3 die typischen Schaltverluste der drei Bauteile dargestellt, die mithilfe eines Doppelpulstest-Aufbaus ermittelt wurden. Die Ausschaltverluste der Dioden wurden in dieser Analyse nicht berücksichtigt, da ihr Beitrag zur Gesamtsumme relativ gering ist. Um einen fairen Vergleich zu ermöglichen, wurde die Spannungsänderungsrate dv/dt so eingestellt, dass sie bei allen Bauteilen etwa 6,5 bis 7 V/ns betrug.
Der „IM105-M6Q1B“ weist deutlich geringere Schaltverluste auf als der „IKD04N60RC2“ und insbesondere als der „IPD60R280PFD7S“, bei dem die Schaltverluste durch die Einschaltverluste dominiert werden. Nicht zuletzt zeigen die Schaltverluste des „IM105-M6Q1B“ eine vernachlässigbare Temperaturabhängigkeit, während sie bei den anderen Bauelementen bereits bei einer Sperrschichttemperatur Tj = +100 °C erheblich ansteigen.
Simulation eines Kühlschrank-Kompressors
Ein Kühlschrank-Kompressor durchläuft während des Betriebszyklus mehrere Betriebspunkte. Die beiden markantesten sind der Nennbetriebspunkt, in dem die Ausgangsleistung etwa 40 W beträgt, und der Hochlastbetrieb, in dem die Ausgangsleistung etwa 160 W beträgt.
Für die Analyse der Leitendverluste der drei untersuchten Bauteile in diesen Betriebspunkten kam das Software-Simulationstool „PLECS“ zum Einsatz. Bild 4 zeigt die Ergebnisse der Simulation zusammen mit den typischen Anwendungsbedingungen. Die Gehäusetemperatur wurde bei diesen Simulationen auf Tc = +110 °C festgelegt. In den meisten Fällen entspricht dieser Wert auch der maximal erlaubten Temperatur einer Leiterplatte.
Bei geringer Last oder Nennlast zeigt der „IM105-M6Q1B“ fast 43 % niedrigere Verluste als der „IPD60R280PFD7S“ und 60 % geringere Verluste als der „IKD04N60RC2“. Unter diesen Bedingungen bringt die Erhöhung der Gate-Spannung auf Vgs = 18 V keine spürbaren Vorteile. Im Hochlastfall weist der „IM105-M6Q1B“ fast 37 % geringere Verluste als der „IPD60R280PFD7S“ und 64 % geringere Verluste als der „IKD04N60RC2“ auf. In diesem Fall bietet eine Erhöhung der Gate-Spannung auf Vgs = 18 V um 14 % weniger Verluste, was zugleich die minimal erreichbaren Verluste beschreibt.
Tabelle 1 zeigt den errechneten Wirkungsgrad für die Wechselrichterstufen, realisiert mit jeweils einem der drei verglichenen Leistungselektronik-Bausteine. In dieser Analyse wird ein 2-stufiger 3-Phasen-Wechselrichter betrachtet, was insgesamt sechs Bauelemente bedeutet. Der Vergleich der Ergebnisse zeigt, dass sich bei Nennlast (mittlere Spalte) durch den Einsatz des „IM105-M6Q1B“ der Gesamtwirkungsgrad gegenüber dem „IKD04N60RC2“ um bis zu 2,7 % und gegenüber dem „IPD60R280PFD7S“ um fast 1 % steigern lässt. Bei hoher Last (rechte Spalte) verringert sich dieser Vorteil auf etwa 1,5 % beziehungsweise 0,5 %.
Experimentelle Ergebnisse
Auch in Bezug auf den Formfaktor – genauer gesagt die Leistungsdichte – weist der „IM105-M6Q1B“ Vorteile gegenüber dem „IKD04N60RC2“ auf. Das zeigt sich beim experimentellen Vergleich zweier Testplatinen (Bild 5). Beide Platinen enthalten den Mikrocontroller „IMC101T-T038“ und weitere ähnliche Komponenten.
Der größte Unterschied befindet sich in der Wechselrichterstufe: Die Antriebsplatine mit dem „IKD04N60RC2“ benötigt sechs diskrete IGBTs in einem TO-252-Gehäuse und einen dreiphasigen Vollbrücken-Gate-Treiber-IC, um einen zweistufigen Dreiphasen-Wechselrichter zu bilden. Die Platine mit dem IM105-M6Q1B hingegen benötigt aufgrund der Integration einer Halbbrücke und des Gate-Treibers in das QFN-Gehäuse deutlich weniger Platz. Folglich kann diese Platine um 15% verkleinert werden, was zu einer verbesserten Leistungsdichte führt.
Für die experimentelle Analyse kam ein typischer Kühlschrankkompressor zum Einsatz (Bild 6), wobei die Steuerung mit Infineons „iMOTION“-Mikrocontroller und einem isolierten „iMOTION Link“ erfolgte. Der zu prüfende Umrichter wurde direkt an den Gleichspannungszwischenkreis angeschlossen, um Schwankungen der Netzspannung und Lasteinflüsse auf die Spannung zu vermeiden und die Verwendung von passiven Standard-Tastköpfen zu ermöglichen. Die passiven Tastköpfe saßen an den Low-Side-Schaltern, um das typische dv/dt-Verhalten der Bauelemente messen zu können. Ausgangsseitig überwachte eine Strommesszange den Motorstrom – und eine Wärmebildkamera erfasste die Gehäusetemperatur.
Die experimentelle Analyse wurde unter diesen Testbedinungen durchgeführt:
- Vdc = 310 V
- fs = 20 Hz
- Ta = +25 °C
- fsw =
7,5 kHz bis 17 kHz
- Vgs - Vge = 0 V bis 15/18,5 V
- Tc, max = +110 °C
- Totzeit = 1 µs
Eine Gleichspannungsquelle stellte die Zwischenkreisspannung direkt bereit. Um den Einfluss zusätzlicher Störeinflüsse zu vermeiden, wurde der Leistungsfaktor nicht gemessen,. Die einzige unabhängige Versuchsvariable war der Modulationsamplitudenindex, der so lange angepasst wurde, bis die maximale Gehäusetemperatur in der Nähe des Wechselrichters erreicht war. Hierzu kam ein offener Regelkreis zum Einsatz, in diesem Fall die V/f-Steuerung, da der Schwerpunkt lediglich auf der Wechselrichterstufe lag. Diese Experimente geben einen Hinweis auf die maximale Ausgangsleistung der Platine.
Bild 7 zeigt die Ausgangsleistung, wie sie aus den Messergebnissen unter Berücksichtigung eines Leistungsfaktors von 0,75 und eines Modulationsamplitudenindex von eins berechnet wurde. Danach kann der „IM105-M6Q1B“ fast doppelt so viel Leistung liefern wie der „IKD04N60RC2“, was auch die Verbesserungen bei der Leistungsdichte verdeutlicht. Die zusätzliche Erhöhung der Gate-Spannung auf etwa Vgs = 18,5 V liefert zusätzlich 6% mehr Ausgangsleistung als bei Vgs = 15 V.
Fazit
Neu eingeführte Energielabel-Richtlinien im Bereich der stromsparenden Consumer-Anwendungen, insbesondere bei Haushaltsgeräten, unterstreichen die Bedeutung der Entwicklung innovativer Lösungen sowie der Einführung neuer Halbleitertechnologien, um die höchste Stufe der Energielabel-Skala zu erreichen.
Die "CoolSiC"-MOSFETs von Infineon im integrierten Baustein "IM105-M6Q1B" bieten verschiedene Vorteile. So erleichtert die geringe Größe des QFN-Gehäuses (7 x 7 mm²) das Design von Lösungen auf Systemebene mit erhöhter Leistungsdichte. Designs mit dem Baustein erfordern mindestens 15% weniger Fläche als diskrete Lösungen mit dem IKD04N60RC2. Außerdem bietet der "IM105-M6Q1B" auch eine höhere Ausgangsleistung und ermöglicht die Verbesserung der Systemeffizienz um 1 bis 2,7 Prozentpunkte. (cg)
Quellen:
[1] A. C. Russo, M. Rossi, M. Germani, und C. Favi, "Energy label directive: Current limitations and guidelines for the improvement", Procedia CIRP, vol. 69, pp. 674-679, 2018, 25th CIRP Life Cycle Engineering (LCE) Conference, 30 April – 2 May 2018, Copenhagen, Denmark. doi: https://doi.org/10.1016/j.procir.2017.11.136.
[2] J. Millán, P. Godignon, X. Perpiñà, A. Pérez-Tomás und J. Rebollo, "A Survey of Wide Bandgap Power Semiconductor Devices", in IEEE Transactions on Power Electronics, vol. 29, no. 5, pp. 2155-2163, May 2014, doi: 10.1109/TPEL.2013.2268900.
* Stefano Ruzza ist Lead Principal Engineer bei Infineon Technologies
* Claudio Villani ist Product Development Engineer bei Infineon Technologies
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