Schalttransistor und MOSFET-Treiber – nicht trivial und häufige Ausfallursache!
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Zuverlässige Stromversorgungen sind eine Grundvoraussetzung für geringe Ausfallraten von Elektrogeräten. Dieser Beitrag erklärt typische Probleme bei Stromversorgungen und wie man sie vermeidet.

Heutzutage werden für Schalttransistoren fast immer MOSFETs verwendet. Sie sind kostengünstig und haben auch bei hoher Spannungsfestigkeit kleine Schalt- und Durchlassverluste. Außerdem kann man sie relativ einfach ansteuern, zur Verfügung stehen viele integrierte Treiberschaltungen. Allerdings muss man aufpassen, dass MOSFET und Treiber-IC zueinander passen. Immer wieder finde ich Feldausfälle, die auf ein schlechtes Design von Schalttransistor und Treiber zurückzuführen sind.
Kann man bei der Auswahl des MOSFET-Gate-Treibers etwas falsch machen?
Bild 2 zeigt ein typisches Schaltbild mit MOSFET M1 und Gate Treiber IC. Ebenfalls gezeigt sind die zu schaltende Induktivität L1, der Strommesswiderstand R3 und das Netzwerk zwischen Treiber und Gate, um Ein- und Ausschaltverhalten zu optimieren (R1, D1, R2). Fast immer wählt man einen Treiber, der so wenig wie möglich kostet und den benötigten Spitzenstrom für eine schnelle Gate-Ladung gerade noch liefern kann.
FET A wird zwischen 0,5 und 1,5 V am Gate niederohmig, bei FET B ist es zwischen 1 und 3 V und bei FET C liegt der Pegel zwischen 3 und 4,5 V. MOSFETs mit niedriger Gate-Schwellenspannung werden oft als modern und gut angepriesen. Man spart Energie – die Spannung geht sogar quadratisch in die Verlustleistung ein.
Natürlich reicht diese Gatespannung nicht für einen guten Einschaltbetrieb aus. Um einen niedrigen Einschaltwiderstand (Drain-Source-ON-Widerstand, RDSon) zu erreichen muss eine wesentlich höhere Gatespannung anliegen, z.B. 10 V. Um den MOSFET hochohmig zu steuern, d.h. auszuschalten, muss die Gatespannung dauerhaft und deutlich unter der Schwellenspannung liegen. Im Schaltbild sieht man, dass der Treiber auf „low“ zieht. Aber was bedeutet „low“? Klare Antwort, „low“ sollte Null Volt sein, oder zumindest fast Null Volt.
Das schauen wir uns mal genauer an. In Bild 4 sind beispielhaft die entsprechenden Datenblattauszüge von zwei verschiedenen Gate-Treiber-ICs gezeigt. Bei Treiber A bedeutet „low“ im schlechtesten Fall 1,5 V – kaum zu glauben aber wahr! Zum Ansteuern von FET C würde das passen, aber bei den anderen beiden FETs A und B ist es so, dass der Schalttransistor im Aus-Zustand nicht richtig sperrt!
Wie gesagt, das ist im schlechtesten Fall, der so selten ist, dass er während der Entwicklung wahrscheinlich gar nicht zum Vorschein kommt. Erst nach der Massenproduktion werden diese ungünstigen Kombinationen auftreten und zu „unerklärlichen“ Ausfällen führen, wenn Sie viel Glück haben bereits im Endtest, meistens jedoch erst beim Kunden in seinem Gerät.
Wesentlich besser geeignet wäre Treiber B, da bedeutet „low“ max. 35 mV. Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass dieser Typ einiges teurer ist. Es ist Ihre Entscheidung, ob diese Mehrkosten eine höhere Zuverlässigkeit rechtfertigen. Viele Netzteil-Hersteller müssen den letzten Cent rauskitzeln und entscheiden sich natürlich – für die günstigere Variante! Schließlich ist beim Dauerlauftest nichts kaputt gegangen.
Hat der MOSFET-Gate-Treiber einen Einfluss bei Störungen?
Im Gerät oder Feld auftretende Störungen können z.B. über die parasitäre Millerkapazität (von Drain nach Source) zusätzlich Ladung auf das Gate bringen. Dann kann es zum unerwünschten Einschalten des Schalttransistors kommen und es knallt. Deswegen ist es immens wichtig, dass der Treiber das Gate wirklich richtig niederohmig hält!
Weil manche Datenblätter heutzutage aus marktstrategischen Gründen „geschönt“ sind oder wichtige Eigenschaften undeutlich dargestellt werden, könnte man die Immunität auch selber testen. Einfach im Betrieb über einen Widerstand etwas Strom direkt ins Gate einspeisen und dabei die Gatespannung messen, wann sie die kritische Schwellenspannung erreicht. Dann weiß man, wie viel eingekoppelten Störstrom das Netzteil aushält.
Eine wirksame Verbesserung erreicht man mit einem Widerstand von Gate nach Source (Rgs), wie in Bild 5 gezeigt. Mein Chef hätte mich früher an den Ohren gezogen, wenn ich diesen Widerstand vergessen hätte.
Leider sehe ich bei vielen Ausfällen, dass dieser Gate-Source-Widerstand fehlt. Viele Entwickler meinen, dass ein modernes Treiber-IC reicht. Klar, auch ohne diesen Widerstand funktioniert das Netzteil auf dem Labortisch und beim Dauertest. Außerdem ist er in den meisten Application notes nicht eingezeichnet. Die Ausfälle kommen erst dann wenn sie weh tun – beim Kunden im Feld. Der Kunde wird dann beschuldigt seine Netzteile schlecht zu behandeln, man hat ja umfangreiche Dauertests gemacht und da gab es überhaupt keine Ausfälle.
Es sei noch erwähnt, dass dieser Gate-Source-Widerstand meistens sehr einfach zum Einbauen ist. Egal ob SMD oder through hole Typ, zwischen Gate und Source gibt es immer ein Plätzchen für einen 0603 Widerstand. Die Frage wäre dann noch, welcher Widerstandwert soll es denn sein? Pauschal gesagt: 47 kΩ sind besser als nichts, aber 22 kΩ oder sogar 10 kΩ sollten es schon sein. Das hängt natürlich von verwendetem Treiber und MOSFET ab und auch das Layout spielt eine wichtige Rolle.
Viele meinen, eine dicke Leitung vom Gate zum Treiber ist das wichtigste, weil der Gatestrom groß und kurz ist. Aber der Strom fließt ja immer im Kreis, also beim Ausschalten über die Treiber Masse, weiter durch den Shunt R3 und zur Source! Diese aufgespannte Fläche und sollte klein sein, die Gesamtlänge möglichst kurz und auf Durchkontaktierungen sollte man verzichten. Das ist gut für Immunität und Emission.
Es sei noch erwähnt, dass „moderne“ MOSFETs nicht nur auf eine niedrige Gate-Schwellen-Spannung optimiert werden, sondern auch auf eine kleine Gate-Source-Kapazität. Beides reduziert die Treiberverluste, aber verschlechtert die Immunität. Deswegen könnte man auch noch einen Kondensator Cgs (ca. 1 nF, nicht gezeigt) parallel zu Rgs setzen. Manchmal sieht man auch noch eine Zenerdiode von Gate nach Source, z.B. 15 V, um gefährliche Überspannungen zu vermeiden.
Der Treiber muss halt den nötigen Strom durch den zusätzlichen Rgs (und ev. Cgs) liefern und das erhöht die Leistungsverluste. Prinzipiell gilt für alle Schaltungsteile: entweder hochohmig und störanfällig oder niederohmig und verlustreich.
Ist der MOSFET-Treiber wirklich immer ein oder aus?
In Bild 6 sieht man die Endstufe des Gate-Treibers, welche prinzipiell aus zwei Transistoren besteht. Der obere Transistor (Top-FET Q1) zieht den Ausgang auf high, um den FET M1 einzuschalten, der untere Transistor (Bottom-FET Q2) zieht auf low, um den FET M1 auszuschalten. Klare Sache – wo ist das Problem?
Im Idealfall sollte es nur zwei Zustände geben, entweder „Q1 ein und Q2 aus“, dann ist der FET M1 ein, oder „Q1 aus und Q2 ein“ und dann ist der FET M1 aus. In der Realität ist das nicht möglich. Beide Transistoren dürfen nicht gleichzeitig leiten, ansonsten gibt es einen „heißen Zweig“, also einen Kurzschluss über der Versorgungsspannung VCC durch Q1 und Q2. Es gibt also ständig Umschaltzeitpunkte, wo der Treiberausgang hochohmig ist!
In den Datenblättern der Treiber ist das leider meistens nicht gut spezifiziert. Hinweise erhält man durch „delay time“, „rise time“ und „fall time“. Und dann sind die Angaben fast immer bei 25 °C, doch welches IC wird bei dieser Temperatur betrieben?
Nehmen wir ein Beispiel mit einer Schaltfrequenz von 100 kHz und jeweils 100 ns Umschaltzeit. Das ergäbe während 10 µs einen hochohmigen Zustand von 200 ns, das bedeutet 2% der Periode! Auch hier hilft nur ein Widerstand von Gate nach Source, um das Risiko zu minimieren, dass der Schalttransistor nicht ausversehen zufällig durch eine Störung zum falschen Zeitpunkt einschaltet.
Wenn es nicht nur einen Schalttransistor gibt, sondern zwei, dann ist das Ansteuer-Thema noch kritischer. Und wenn ein Schalttransistor in einer Halbbrücke schwebend ist, also keine feste Referenz an der Source hat, dann ist auch das richtige Messen mit potentialfreiem Tastkopf schwierig.
Sind Entwicklungsfehler im Dauertest feststellbar?
Viele meiner Kunden meinen, dass sie Entwicklungsfehler durch intensive Dauertests im Temperaturschrank mit verschiedenen Lastzyklen und Ein-Ausschalt-Profilen herausfinden. Leider ist das nicht der Fall.
Falls es beim Dauertest zu einem „unerklärlichem“ Ausfall kommt, nimmt man an, dass zu hart getestet wurde und dies ja nicht dem Realfall entspricht. Man ist ja schon fertig mit der Entwicklung, die nötigen Zulassungen sind endlich da und die Prospekte gedruckt. Da traut sich keiner die Hand zu heben und eine weitere Untersuchung anzuordnen, geschweige denn ein Redesign zu verlangen.
Außerdem ist es meistens so, dass solche Ausfälle erst nach Monaten oder Jahren im Feld auftreten, durch Störungen im Umfeld, wenn die Bauteile altern oder durch Bauteiltoleranzen.
Zum Schluss noch ein interessantes Fallbeispiel
In einer großen Produktionsanlage gab es Netzteilausfälle, sehr selten, aber die Konsequenz war sehr teuer, weil daraufhin alles still stand und es lange dauerte, bis die Produktion wieder richtig lief. Bei den Ausfällen war der Schalttransistor kaputt, die Sicherung offen und teilweise auch das Gate-Treiber-IC oder der Shunt-Widerstand gesprengt, einmal auch eine Leiterbahn geschmolzen.
Meine Analyse ergab, dass das kundenspezifische Netzteil gar nicht so schlecht war (für uns Schwaben bedeutet das gut). Ehrlich gesagt habe ich keinen Entwicklungsfehler gefunden, was sehr selten der Fall ist und einen Fehler konnte ich auch nicht reproduzieren. Allerdings ist mir aufgefallen, dass diese oben erwähnte „Ausschaltstromschleife“ etwas lang war, die aufgespannte Fläche war groß und es gab sogar zwei Durchkontaktierungen. Vielleicht wurden da Störaussendungen der Produktionsanlage eingefangen?
In meiner Verzweiflung habe ich genau das moniert und empfohlen, einen Widerstand von Gate nach Source einzubauen. Gute Argumente hatte ich keine, aber ich habe alles andere ausgeschlossen. Der Netzteil-Hersteller war sauer, weil er die „total unnötige Änderung“ realisieren musste. Zuerst durch das Einlöten des SMD Widerstandes von Hand und dann ein kleines Layout-Redesign. Einige Jahre später habe ich erfahren, dass es in der Folgezeit keine Ausfälle mehr gab.
So vermeiden Sie Ausfälle von Schalttransistor und Treiberschaltung:
- Es gibt unterschiedliche Spannungsschwellen von Treiber-ICs und MOSFET-Gates. Diese müssen zusammen passen, dafür die Datenblätter Details genau lesen und auch das Kleingedruckte studieren!
- Hochohmige Zeitpunkte sind am Gate immer vorhanden und gefährlich, weil Störungen den Schalttransistor triggern können. Deswegen immer zusätzlich ganz nah einen Widerstand von Gate nach Source einbauen (z.B. 4,7 bis 22 kΩ).
- Auch das Layout ist wichtig: Stromschleifen für Ein- und Ausschalten im Schaltplan aufzeichnen und auf der Leiterplatte nachverfolgen, keine großen Flächen aufspannen, Durchkontaktierungen vermeiden. Dadurch werden zusätzliche Impedanzen im Ansteuerstromkreis vermieden und die Störempfindlichkeit reduziert.
- Die Hinweise gelten auch, wenn man die Treiberstufe diskret aufbaut.
Am Ende noch ein wichtiger Tipp: Viele Gate-Treiber sind schon in SMPS-Controller-ICs eingebaut. Das vereinfacht die Schaltnetzteilentwicklung sehr. Schauen Sie bei der Auswahl des Controllers auch ganz genau auf den internen Treiber. Der braucht viel Halbleiterfläche und die kostet Geld. Deswegen wird dort gern gespart. Lassen Sie die Finger von billigen ICs, wo der Treiber nur ungenügend spezifiziert ist. Investieren Sie lieber etwas mehr in einen guten Gate-Treiber und sparen Sie die wesentlich höheren Kosten, die Feldrückläufer verursachen. Außerdem können Sie Nachts viel besser schlafen!
Dieser Beitrag ist der zweite Beitrag von Prof. Markus Rehm zum Thema Zuverlässige Stromversorgungen. Den ersten Teil finden Sie hier.
Über den Autor : Ein Professor, der aus der Praxis kommt
Prof. Markus Rehm arbeitete nach dem Studium der Elektronik und Regelungstechnik an der Hochschule Furtwangen acht Jahre lang bei der Deutschen Thomson Brandt als Forschungs- und Entwicklungsingenieur. Für Fernsehgeräte entwickelte er Schaltungen zur Erzeugung der Hochspannung und Ablenkung und weltweit die ersten verlustarmen und recycelbaren Netzteile. Für Videorekorder entwickelte er die ersten Schaltnetzteilkonzepte für weltweiten Einsatz, die jahrelang erfolgreich zig-millionenfach produziert wurden.
Seit 22 Jahren ist er freiberuflich tätig und bietet Kunden mit seinem Elektroniklabor Forschung, Entwicklung und Beratung als Dienstleistung an. Die Schwerpunkte seiner Arbeit bilden Zuverlässigkeit und EMV von Leistungselektronik, Fehlersuche in Systemen, Kosteneinsparung, Miniaturisierung, Wirkungsgraderhöhung sowie Entwicklung neuer Lösungen.
Markus Rehm ist anerkannter Experte für Leistungselektronik. Seine Erfahrungen reichen von Milliwatt bis Megawatt, zum Beispiel Null-Watt-Standby für PCs, 1-W-DC/DC-Wandler für Sensoren, 15-W-Wandler für Automobil und medizinische UV-Leuchten, 150-W-HF-Chirurgie-Geräte und Multiphasenwandler für Mikrocontroller, 300-W-Netzteile für Informationstechnologie, 1-kW-Stromversorgungen für PCs, 10-kW-Servocontroller, 250-kW-Batterieladegeräte für Bahnanwendungen und 1,8-MW-Traktionsstromrichter. Eine weitere Spezialität ist Reverse Engineering zur Aufdeckung von Patentverletzungen.
Seit zehn Jahren forscht Markus Rehm eigenständig auf dem Gebiet der kontaktlosen Energieübertragung und 2012 hat er erstmals sein neues Konzept „uniWP“ mit großem Wirkungsgrad und hoher Dynamik für lose Kopplung vorgestellt. Er hält über 25 internationale Patente, die erfolgreich im Einsatz sind, und hat einige nationale und internationale Auszeichnungen für seinen Ideenreichtum bekommen.
Seit 2008 lehrt er als Dozent an der Hochschule Furtwangen University Industrie- und Leistungselektronik, wo er 2019 zum Honorarprofessor ernannt wurde. Seit 2012 hat er über 30 Vorträge auf nationalen und internationalen Kongressen gehalten und seit 2017 gibt er Tagesseminare über zuverlässige Stromversorgungen im Auftrag von ELEKTRONIKPRAXIS, Vogel Communications Group.
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Mein Netzteil hat kaum Strom gebraucht, aber jetzt raucht es
* Prof. Markus Rehm ist Experte für Leistungselektronik und Stromversorgungen sowie Honorarprofessor an der Hochschule Furtwangen University Industrie- und Leistungselektronik.
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