PCB-Design und Co-Simulation für elektrische Antriebe

Autor / Redakteur: Dirk Müller * / Gerd Kucera |

Der Einsatz einer Co-Simulationssoftware, in Kombination mit leistungsstarker Computing-Infrastuktur, verbessert Arbeitsweise und Ergebnis der Elektronikentwicklung für Motoransteuerungen.

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Bild 1: Verlustkennfeld-Simulationsergebnis eines Motors in Übereinstimmung mit Messungen.
Bild 1: Verlustkennfeld-Simulationsergebnis eines Motors in Übereinstimmung mit Messungen.
(Bild: FlowCAD)

Zahlreiche Einflussfaktoren erschweren das optimale Auslegen einer Motorregelung für die elektrische Antriebstechnik. Hierfür hilfreich ist beispielsweise eine Mechatronik-Software-Simulation für das Leiterplatten-Design. Wie damit auch Systeme der Leistungselektronik im Leiterplattenentwurf Berücksichtigung finden, einschließlich EMV, Power-Integrität, Temperaturen und Bauteilalternativen, zeigt nachfolgend dieser Artikel.

High-Performance-Schnittstellen für die Co-Simulation ermöglichen einen interdisziplinären Ansatz, um mehrere in Wechselwirkung zueinander stehende Effekte und Parameter wie Temperatur, Größe und Positionierung der Magnete, Stromführung und Mechanik sowie die Komponenten der Leistungselektronik in einer systemübergreifenden Simulation zu betrachten. Seit Einführung der EU-Richtlinien für Elektromotoren ist eine optimierte Arbeitsweise erforderlich, um die verlangten Energieeinsparungen in der elektrischen Antriebstechnik zu erzielen.

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Die EU-Forderung sorgte ursprünglich für eine Fokussierung der Entwicklung auf Elektromotoren mit höherem Wirkungsgrad. Aufgrund ihrer im Vergleich zu vielen älteren Motortypen höheren Drehmomentdichte und besserem Wirkungsgrad nimmt daher der Marktanteil bürstenloser Synchronmotoren mit Permanentmagnet, insbesondere bei drehzahlveränderbaren Antrieben für industrielle Anwendungen, in Automotive, in der Energieerzeugung und in Haushaltsgeräten stetig zu.

Die Berücksichtigung der EU-Forderung sorgte gleichzeitig für eine Leistungsstärkung der notwendigen Entwicklungssoftware. Um einen Motor sanft anfahren zu lassen bedarf es einer ausgeklügelten Regelung des Antriebssystems bestehend aus Motor, Motorsteuerungselektronik sowie Regelkreis mit Drehzahl-Sensor, sodass die auftretenden Lastsituationen und Lastwechsel effizient ausgeregelt werden.

Modellieren & simulieren von Antrieb und Komponenten

In der Vergangenheit wurden Komponenten eines Antriebs einzeln betrachtet und gewisse Rahmenbedingungen angenommen. Zu diesen Komponenten gehörten der Motor, die Motorsteuerung, der Antriebsstrang und die mechanische Last. Um die Effizienz der Motoren und des Antriebs steigern zu können ist das Wirkungsgradkennfeld von größter Bedeutung für die Bewertung eines Motors über den gesamten Drehmoment-Drehzahl-Bereich. Es bedarf der Erstellung aufwendiger Lastprofile unter Messung aller Motorparameter unter Betriebsbedingungen.

Bei der Neuentwicklung bedeutet dies trotz jahrelangen Erfahrungswerten immer wieder späte Änderungen an Prototypen und es ist nahezu unmöglich, die optimale Effizienzkurve zu erreichen. Daher hat sich die Simulation mit Lastprofilen und virtuellen Prototypen inzwischen durchgesetzt. Um in einer Simulation den Wirkungsgrad und Verlustkennfelder vorhersagen zu können, sind die benötigten Informationen sehr zahlreich. Die Entwicklung muss sicherstellen, dass der Motor unter allen Lastbedingungen, auch unter physikalischen Einflüssen wie Erwärmung, effizient und damit energiesparend arbeitet.

Viele Motoren in der Leistungselektronik sind elektronisch kommutierende, bürstenlose DC- oder EC-Motoren. In Automobilen arbeiten sie meist direkt mit der 12-V-Spannung aus dem Bordnetz und ziehen, je nach Anforderung der Anwendung oder des OEM, bis zu 100 A Strom. Die Leistungselektronik für die Motorsteuerung besteht aus Treiber-IC, MOSFET-Halbbrücken oder IGBTs sowie passiven Bauteilen und Sensorik.

Die Auswahl der Komponenten ist aus technischer Sicht hauptsächlich abhängig von Spannungs- und Stromwerten, Baugröße, Zuverlässigkeitsvorgaben und thermischen Anforderungen. Aber auch nichttechnische Werte wie Kosten, alternative Lieferanten und Verfügbarkeit sowie Produktvarianten spielen in Zeiten der Allokation eine wesentliche Rolle.

Die Vorteile einer frühen Simulation für das Prototyping

Die unterschiedlichen Parameter der gleichen Schaltung erfordern einen immer wiederkehrenden Abgleich mit der Spezifikation. Dies führt zu aufwendigen Design-Zeiten, Tests an Prototypen und deren Re-Designs. Mit heutiger Technologie lassen sich Schaltungen modellieren und viele Tests auch virtuell mit Simulationen durchführen. So werden Test-Aufbauten und damit Kosten und Zeit im Entwicklungsprozess eingespart. Daraus hervorgehende Prototypen arbeiten unter den meisten Betriebsbedingungen zuverlässig und vor allem sicher, insbesondere dann, wenn die Entwicklung und Simulation den kompletten Antriebsstrang von der Regelung bis zur mechanischen Komponente verifiziert hat.

Die Modellierung und PSpice-Simulation einer Schaltung mit physikalischen Echtzeitgrößen hilft, Stressbelastungen der Bauteile zu analysieren oder das Funktionieren der Schaltung am Grenzbereich der erlaubten Toleranz zu überprüfen, was mit Messungen so überhaupt nicht oder nur sehr kostspielig möglich ist. Mit den gewonnenen Erkenntnissen kann dann die Schaltung der Ansteuerung, die Regelung und die Materialien selbst optimiert und energieeffizient gestaltet werden.

Ein elektrisches Antriebssystem ist das Schlüsselelement in der Leistungselektronik. Ein solch komplexes, mechatronisches System zu optimieren erfordert eine sehr detaillierte Analyse, Erfahrung und erprobte Methoden. Wie sich die Steuerelektronik schlecht ohne Motor- und Last-Modell optimieren lässt, so können Effizienzkurven eines Motors nur mit den durch Messungen ermittelten Verlustkennfeldern aus Drehmoment, Ausgangs- und Eingangsleistung erstellt werden.

Heute sind mit Entwicklungstools wie Simplorer und Maxwell von ANSYS bereits Verlustkennfelder von Motoren basierend auf den CAD-Daten und der Methode des maximalen Drehmoments pro Ampere simulierbar. Um die Effizienz des Motors zu erhöhen, steht das Minimieren der Verluste im Vordergrund; hierzu werden Parameter wie Geschwindigkeit, DC-Bus-Spannung oder das PWM-Verhältnis der Ansteuerung und die Schaltfrequenz berücksichtigt. Messungen anhand realer Motoren haben die Genauigkeit der Simulationsergebnisse zahlreich bestätigt.

PCB-Co-Simulation der Ansteuerelektronik

Die Ansteuerelektronik wird in der Regel von mehreren Entwicklern gemeinsam erstellt: Zuerst entsteht die grundsätzliche Schaltung gemäß der Spezifikation. Zusammen mit den Design-Regeln kommt der Schaltplan zum PCB-Designer, der das Layout umsetzt. Hierauf folgt die Fertigung des Leiterplatten-Prototypen bzw. die PCB-Serienfertigung. Je nach Art der Schaltung werden in den Basis-Entwicklungsablauf dann noch Spezialisten für die thermische Analyse, elektromagnetische Verträglichkeit, Zuverlässigkeitsberechnung oder Testverfahren in der Fertigung mit eingebunden.

Diese Liste der Spezialisten variiert je nach Anwendung und Branche. Üblicherweise werden die Spezialisten erst dann hinzugezogen, wenn ein abschließender Entwicklungsschritt erreicht ist oder es sogar Probleme mit dem Prototypen gibt. Dann aber ist ein teures Re-Design unvermeidbar und wird durch Änderungsvorschläge und weitere Design-Regeln getrieben. Das mögliche Einbinden von Spezialisten-Knowhow bereits in einer frühen Phase der Entwicklung ist nicht nur wünschenswert, sondern aus wirtschaftlicher Sicht auch notwendig.

Mit aktuellen Co-Simulationswerkzeugen ist bereits zu Beginn der Entwicklungsarbeiten ein Schaltplan der Motorsteuerung mit PSpice von Cadence simulierbar. Hier ist die Elektronik jedoch nur ein Teilaspekt des Gesamtsystems, es bedarf auch der Verhaltensbeschreibung eines Motors als Last der Schaltung.

Eine Beschreibung dieser Last in PSpice ist prinzipiell möglich, aber unüblich. In diesem Fall könnte entweder ein externes Motorenmodell in PSpice mitsimuliert oder der PSpice-Block der Schaltung in eine Simulation mit Simplorer mit eingebunden werden. Durch die Kombination von simulierbaren, physikalischen Domänen innerhalb von Simplorer oder über Co-Simulation ist eine präzise Analyse der Leistungselektronik interdisziplinär möglich.

Viele Tests fallen auch bei den Kühlkonzepten an: Wie wirkt sich die Eigenerwärmung der Elektronik auf die Temperaturen im System aus? Wie ändert sich das elektrische Verhalten der Schaltung mit sich ändernder Umgebungstemperatur? Solche und andere Aufgaben sind nicht trivial und einfach zu beantworten. Weder die Schaltungssimulation noch die thermische Simulation alleine können hier genaue Antworten geben.

Bei vielen Schaltungen erhöht sich der Strom mit zunehmender Außentemperatur; dadurch kommt es zu einer ansteigenden Erwärmung der Leiterplatte selbst und damit auch zur weiteren Erwärmung der Umgebungstemperatur, bis sich ein stabiler Zustand einstellt. Der Trend zur Miniaturisierung spielt bei der gegenseitigen Erwärmung von Bauteilen eine verstärkte Rolle. Geräte mit höherer Leistungsdichte sollen immer kleiner werden. Bauteile werden enger platziert und es kommt zu einer thermischen Wechselwirkung zwischen den Bauteilen und somit zu einer Veränderung der lokalen Umgebungstemperatur. Zusätzlich spielen auch die Verformbarkeit über die Temperatur oder die im Betrieb auftretenden Vibrationen auf das PCB auch noch eine Rolle, um die Lebensdauer bestimmen zu können.

EMI/EMC-Eigenschaften der Leistungselektronik

Zuletzt wenden wir uns dem oft als schwarze Magie beschriebenen Thema der Störemission und elektromagnetischen Verträglichkeit zu, die wiederum spezialisierte Mitarbeiter erfordern. Experten werden auch hier oft erst am Ende des Design-Prozesses oder in dessen Anschluss mit den ersten Prototypen in der EMV-Kammer zu Rate gezogen.

Das ist viel zu spät, denn erforderliche Änderungen wie die Umgestaltung der GND-Lagen, Entkopplung der Strom- und Signalleitungen und anderes mehr sind dann schwer umzusetzen und erzeugen hohe Kosten, da es zu Verzögerungen bei der Freigabe und beim Markteintritt kommt. Unter diesem Zeitdruck werden wichtige Punkte übersehen und es kommt zu wiederholten Tests an Prototypen und erneut zu Re-Designs.

Die Erfahrung zeigt, dass ein frühzeitiges Design mit Power- und Signalintegrität-Analyse auch die EMI/EMC-Eigenschaften adressiert. Durch frühzeitige Simulationen basierend auf Layout-Daten ist ein virtueller EMI/EMC-Compliance-Test simulierbar, der zu einem frühen Zeitpunkt viele Probleme bei der Entkoppelung aufdeckt und Effekte im Nahfeld beschreibt.

Entkoppel-Kondensatoren haben einen großen Einfluss auf die Verteilung des Nahfelds einer Leiterplatte. Durch Optimierung der Platzierung und der Kombination der entsprechenden Werte für die Kondensatoren lässt sich die Empfindlichkeit bzw. die Störabstrahlung deutlich reduzieren. Ein Eliminieren von Resonanzen verbessert direkt die EMC/EMI-Eigenschaften des Designs. Die richtige Wahl der Entkoppel-Kondensatoren und deren optimale Platzierung lassen sich nicht durch Design-Vorschriften finden, denn deren Wirkung ist auch von den Kupferstrukturen auf der Leiterplatte abhängig; diese sind bei jedem Design unterschiedlich. Hinzu kommt, dass das Einsparen manches VIAs auch eine bessere Führung der globalen Signal-Leitungen erlaubt.

Schlussfolgerung: Die Technik elektrischer Antriebe hat sich in Bezug auf Kosten, Baugröße, Leistung und Effizienz drastisch verbessert, unterliegt aber weiter einem stetigen Druck auf Effizienzsteigerung und Energieoptimierung. Sehr detaillierte multiphysikalische Systemsimulationen elektrischer Antriebe, ihrer Lasten und Ansteuerelektronik sind durch die Prozessorleistung eines üblichen PCs heute problemlos möglich. Die Ergebnisse erlauben Optimierungen der Effizienz und der Kosten des Motors vorzunehmen. Beim Entwickeln der Motoransteuerung ist die PSpice-Schaltung nach Erkenntnissen der Systemsimulation optimierbar und es lassen sich Bauteilauswahl nach Kosten und Verfügbarkeit berücksichtigen. Des Weiteren kann ein Teilergebnis als PSpice-Schaltung in die Systemsimulation zurückfließen. In der Systemsimulation wiederum sind mithilfe der thermischen und strukturmechanischen Analyse Betriebsbedingungen simulierbar. Der frühe Einsatz von Power- und Signalintegritätsverfahren macht die EMI und EMV der PCB nebst Systemleitungen kontrollierbar.

* Dirk Müller ist Geschäftsführer bei FlowCAD, Feldkirchen.

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