IGBT: Mehr Leistung durch Parallelschaltung Frag den Schulz! So funktioniert das Parallelschalten von IGBTs
Drei ähnliche Fragen kamen in der letzten Woche zur Parallelschaltung von Leistungsbauteilen. Nämlich ob und wie man IGBT parallelschalten kann, um die Stromtragfähigkeit in einem Design zu vergrößern. Ja, kann man. Aber nur, wenn das Folgende beachtet wird.
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Zur IGBT-Parallelschaltung antwortet Dr. Martin Schulz: „In der Praxis ist das eine häufig wiederkehrende Frage. Und die Antwort fällt, wie so oft, nicht ganz einfach. Wegen des passenden positiven Temperaturkoeffizienten in der Vorwärtsspannung moderner IGBT lassen sich diese Bausteine generell parallelschalten. Hintergrund ist, dass eine ausgleichende Wirkung entsteht. Bei unterschiedlicher Stromverteilung erwärmen sich die Bauteile unterschiedlich. Ein positiver Temperaturkoeffizient führt dann dazu, dass das heißere Bauelement einen kleineren Strom führt und sich somit die thermische Situation von selbst ausbalanciert.
Ein negativer Temperaturkoeffizient hätte den gegenteiligen Einfluss. Das heißere Bauelement nimmt dann mehr Strom auf als das kältere und entwickelt noch mehr Hitze. Dieses Verhalten führt zum thermischen Davonlaufen und schlussendlich zur Zerstörung des Bauteils. Darüber hinaus sind drei Dinge besonders zu beachten, wenn Parallelschaltung in Betracht gezogen wird:
Nur gleiche Bauteile desselben Herstellers verwenden
Erstens: Obwohl es offensichtlich erscheint, gehören nur gleiche Bauelemente in die Parallelschaltung. Es ist keine sinnvolle Idee, eine Erweiterung von 100 A auf 150 A dadurch zu erzielen, einem 100-A-Baustein eine 50-A-Komponente hinzuzufügen. Auch bei ansonsten gleichen Nenndaten ist es nicht empfehlenswerte, Bauteile unterschiedlicher Hersteller parallel zu schalten.
Zweitens: Das Layout ist so zu wählen, dass sich eine elektrische Symmetrie einstellt. Alle schaltenden Bauelemente haben dann die gleichen Bahnwiderstände und Bahninduktivitäten. Hierdurch lässt sich erreichen, dass auch im transienten Bereich keine übermäßige Stromfehlverteilung auftritt. Ein Beispiel für einen geeigneten Ansatz und eine weniger gute Ausführung findet sich in Bild 1.
Beachten Sie die parasitären Induktivitäten
Häufigster Grund für ungleiche Stromverteilung, insbesondere während der Schalthandlung, sind parasitäre Induktivitäten. Auf Bauteilebene sind diese noch sehr ähnlich, durch Layout und Konstruktion von DC-Kreisen stellen sich aber schnell Unterschiede ein, die es zu vermeiden gilt.
Ungleiche Streuinduktivitäten wirken sich auch auf die Schaltgeschwindigkeiten der beteiligten Bauelement aus. In den Induktivitäten an den Emittern Lx.E ergeben sich daraus unterschiedliche Spannungen beim Schaltvorgang, was zu weiteren Verschlechterungen führen kann.
Im besseren Aufbau, im Bild 1 links zu sehen, sind die Anschlusspunkte A, B und A‘ so gelegt, dass möglichst gleiche Streuinduktivitäten entstehen. Im rechten Teil des Bildes liegen die Punkte ungünstig.
Analytisch denken und experimentell verifizieren
Drittens: In der Ansteuerung ist darauf zu achten, dass nicht Schleifen mit geringem Widerstand entstehen, auf denen Kreisströme für EMV-Probleme oder sogar zur Zerstörung von Leiterbahnen und Bauteilen führen. In Bild 2 ist dargestellt, wie das Aufteilen von Gate-Widerständen in dieser Situation hilft.
Im linken Teil des Bildes verhindern die Widerstände die Ausbildung einer Schleife mit geringem Widerstand, die sich im rechten Bild durch die direkte Verbindung der Hilfsemitter ergibt.
Durch ungleiche Schaltgeschwindigkeiten sowie Bauteiltoleranzen können an L1.2 und L2.2 transient verschiedene Spannungen entstehen. Die resultierende Spannung treibt dann einen Strom, der nur durch den geringen Widerstand der Schleife begrenzt ist. Schon wenige Millivolt an Widerständen unter 1 Milliohm treiben Kreisströme von einigen Ampere. Sowohl aus EMV-Aspekten als auch zum Schutz der Bauelemente ist dies zu vermeiden.
Im schlimmsten Fall reicht der Kreisstrom aus, den Bonddraht am Hilfsemitter zu schmelzen. Im Anschluss ändert sich die Impedanz der Ansteuerung nur eines Transistors. Oszillationen, Veränderung am Schaltverhalten und höhere Temperaturen aufgrund höherer Schaltverluste können die Folge sein.
Einfach einen weiteren Halbleiter parallel schalten könnte zudem daran scheitern, dass der Gate-Treiber nun den doppelten Strom liefern muss. Es ist vorab sicher zu stellen, dass das hierfür zum Einsatz kommende Bauteil die entsprechende Leistung bereitstellen kann.
Eine eingehende experimentelle Verifizierung des Aufbaus, in dem die Stromverteilung und die thermische Entwicklung der Halbleiter im Fokus stehen, ist dringend angeraten. Hierbei lassen sich dann auch Einflüsse des gewählten Kühlsystems beobachten, die ebenfalls zu Verschiebung führen können.
Fazit: Findet das hier geschilderte grundsätzliche Beachtung, steht einer erfolgreichen Parallelschaltung von zwei oder mehr Leistungshalbleitern nichts im Weg.“
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