Elektromotoren flexibel und wirtschaftlich fertigen

Redakteur: Dipl.-Ing. (FH) Thomas Kuther

Elektromotoren in variabler Technologie und Stückzahl künftig wirtschaftlich in Deutschland produzieren zu können, ist Ziel des Projekts AgiloDrive am KIT.

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Mit neuer Fertigungstechnologie entstanden: Statorprototypen mit kompakter Flachdraht-Wicklung.
Mit neuer Fertigungstechnologie entstanden: Statorprototypen mit kompakter Flachdraht-Wicklung.
(Bild: Gehring)

Im Rahmen von AgiloDrive entwickeln die Forscher des Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit Wirtschaftspartnern neuartige Produktbaukästen und Produktionstechnologien, die dann direkt in die Industrie übertragen werden sollen. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg fördert die Pilotphase des Projekts nun mit rund 1 Mio. €.

Heute werden Elektromotoren zumeist entweder in niedriger Stückzahl und mit geringer Produktivität gefertigt – dies geschieht dann in teilautomatisierten Werkstätten und beinhaltet einige manuelle Prozessschritte – oder aber in hochspezialisierten und sehr unflexiblen Transferstraßen. Zudem erarbeiten meist Expertenteams spezifische Einzelbereiche industrieller Entwicklungsprozesse von Elektromotoren – ein Transfer in andere Bereiche findet selten statt.

Ziel des Forschungsprojekt AgiloDrive ist ein neuartiges, agiles Produktionssystem, das auf modularen produkt- und produktionsspezifischen Technologien basiert. „Auf diese Weise wollen wir es möglich machen, künftig Elektromotoren so zu flexibel zu produzieren, dass eine Herstellung verschiedenster Varianten, Technologien und Stückzahlen jederzeit möglich ist – bei wirtschaftlichem Betrieb. Hierdurch können kostensenkende Skaleneffekte auch über verschiedene Produktbaureihen und Fertigungstechnologien hinweg genutzt werden", so Professor Jürgen Fleischer, Leiter des wbk Institut für Produktionstechnik des KIT.

AgiloDrive ist ein institutsübergreifendes Projekt des KIT-Zentrums Mobilitätssysteme. Die Projektleitung liegt beim wbk, ebenfalls beteiligt sind das Institut für Produktentwicklung und das Elektrotechnische Institut. Partner aus der industriellen Praxis sind Schaeffler Automotive Buehl, Gehring Technologies sowie die Landesagentur e-mobil BW als assoziierter Partner.

Die Partner bündeln ihr Knowhow entlang des gesamten Entwicklungsprozesses sowie der Liefer- und Prozesskette. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg fördert die Pilotphase des Forschungsprojekts AgiloDrive mit rund 1 Mio. €.

Agiles Produktionssystem als Herzstück des Projekts

„Entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg des flexiblen Lösungsansatzes ist ein agiles Produktionssystem auf Grundlage eines integrierten Produktentstehungsprozesses“, erläutert Fleischer.

Das wandlungsfähige System, zeichnet sich durch modulare Bearbeitungsmodule, einheitliche Schnittstellen und Skalierungskonzepte aus. Somit kann es flexibel auf veränderliche Markt- und Technologieanforderungen reagieren. Dies senkt das unternehmerische Risiko, da sich Investitionen durch die modulare Struktur dynamisch an die tatsächliche Nachfrage anpassen lassen und auch über verschiedene Produktbaureihen und Fertigungstechnologien hinweg Kosten eingespart werden können. „Somit lässt sich die Elektromobilität trotz volatiler Märkte wirtschaftlich in die Energie- und Mobilitätswende integrieren“, sagt Professor Thomas Hirth, Vizepräsident des KIT für Innovation und Internationales.

Das Projektteam AgiloDrive arbeitet zeitgleich an drei Teilprojekten: zum einen an einem integrierten Produktbaukasten, der auf modularen, zukunftsrobusten Baukastenstrukturen sowie flexiblen Entwicklungs- und Auslegungsmethoden basiert. Das zweite Teilprojekt befasst sich mit den notwendigen Strukturen und Technologien der flexiblen Systeme. Im dritten Teilprojekt wird – nach den Methoden des agilen Projektmanagements – eine Einführung des Produktionssystems angestrebt, sodass die Erkenntnisse des Forschungsvorhabens entwicklungsbegleitend im industriellen Maßstab umgesetzt werden können.

Darüber hinaus werden die Teillösungen sowie das Gesamtsystem des agilen Produktentstehungs- und Produktionsprozesses sowohl technisch als auch wirtschaftlich validiert. „Investitionen in Fertigungseinrichtungen müssen wirtschaftlich sein. Dafür muss eine langfristige hohe Auslastung sichergestellt sein, auch wenn die von den Kunden abgerufenen Volumen für einzelne Anwendungen volatil bleiben“, sagt Thomas Pfund, Leiter des Geschäftsbereichs E-Motoren und Leistungselektronik bei Schaeffler Automotive.

An den Bauraum angepasster Elektromotor für vollelektrische Fahrzeuge.
An den Bauraum angepasster Elektromotor für vollelektrische Fahrzeuge.
(Bild: Schaeffler)

Die Ergebnisse des Projekts AgiloDrive sollen der Industrie zugänglich gemacht werden, um die Lösungsansätze in weiteren, eigenfinanzierten Projekten schnell in die Anwendung zu bringen. „Insbesondere mittelständische Maschinen- und Anlagenbauer sowie Zulieferer können mit dem agilen Produktionssystem den Transformationsprozess hin zur Elektromobilität erfolgreich vollziehen und an den neuen Märkten partizipieren“, so Dr. Sebastian Schöning, CEO von Gehring Technologies. Das Forschungsvorhaben leiste somit im gesamten Bundesgebiet und insbesondere dem stark vom Transformationsprozess betroffenen Baden-Württemberg einen wichtigen Beitrag zur Sicherung des Automobil- und Maschinenbaustandortes Deutschland.

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